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Gedenken in Gießen: Schüler erinnern an die Schrecken des Pogroms 1938

In Gießen wurde am Samstag ein bewegendes Gedenken an den Juden-Pogrom vom November 1938 abgehalten, das stark von den jüngsten Vorfällen in Amsterdam geprägt war. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher sprach klare Worte und verband die Vergangenheit mit der Gegenwart. Die Gedenkveranstaltung, die von der Stadt, der jüdischen Gemeinde und den beiden christlichen Kirchen organisiert wurde, zog trotz des trüben Wetters zahlreiche Besucher an. Über 200 Menschen versammelten sich auf dem Rathausvorplatz, um den Opfern zu gedenken und die schrecklichen Ereignisse der Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wie auch die Gießener Allgemeine berichtete.

Die Atmosphäre war geladen, als Rabbiner Shimon Großberg das Totengebet anstimmte, während die Geräusche der Umgebung, von Automotoren bis hin zu den Klängen der nahen Gastronomie, die Zeremonie zu übertönen drohten. Die Gedenkveranstaltung beinhaltete auch Lesungen von Schülern des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums, die Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus vortrugen. Diese Tradition, Schüler in die Gedenkfeier einzubeziehen, hat sich über die Jahre bewährt und sorgt dafür, dass die Erinnerung an die Gräueltaten lebendig bleibt.

Ein dunkles Kapitel der Geschichte

Am 10. November 1938 brannten in Gießen die Synagogen, und die Stadt war Zeuge der brutalen Entrechtung der jüdischen Bevölkerung. Pfarrer Gabriel Brand erinnerte an diese schrecklichen Ereignisse und zog Parallelen zu den aktuellen Geschehnissen in Amsterdam, wo Fans der israelischen Fußballmannschaft Maccabi Tel Aviv von propalästinensischen Aktivisten verfolgt wurden. Diese Vorfälle haben in Europa eine Welle des Antisemitismus ausgelöst, die nicht ignoriert werden kann. Brand betonte, dass die Lehren aus der Geschichte heute wichtiger denn je sind.

Oberbürgermeister Becher schloss sich dieser Sichtweise an und kritisierte die antizionistischen Haltungen, die in Gießen von einigen Gruppen vertreten werden. Er stellte fest, dass die Gründung Israels im Jahr 1948 untrennbar mit dem Holocaust verbunden ist und dass die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung weltweit von dieser Gründung abhängt. Becher stellte die Frage, was von einem Land zu erwarten sei, das von allen Seiten unter Beschuss steht, und forderte ein besseres Verständnis für die komplexe Situation, in der sich Israel befindet.

Gemeinsam gegen das Vergessen

Nach den bewegenden Reden legten Becher und Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf einen Kranz am Gedenkstein für die Opfer der Naziherrschaft nieder. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Marco Weisbecker und Rolf Weinreich, die mit ihren Klängen zur besinnlichen Stimmung beitrugen. Im Anschluss an die Gedenkfeier fand ein Mahngang durch die Innenstadt statt, an dem mehr als 200 Personen teilnahmen. Unter dem Motto „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ zogen die Teilnehmer zum ehemaligen Gestapo-Hauptquartier in der Neuen Bäue und legten auch dort einen Kranz nieder.

Die Ereignisse in Amsterdam und die damit verbundenen Ängste und Sorgen über den erstarkenden Antisemitismus sind nicht nur ein Thema für die Gedenkveranstaltung, sondern betreffen die gesamte Gesellschaft. Es ist entscheidend, dass wir uns gemeinsam gegen das Vergessen einsetzen und die Lehren aus der Geschichte in unser heutiges Handeln einfließen lassen, wie auch die Gießener Allgemeine betont.

NAG Redaktion

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