Hamburg

Wahlmarathon in Hamburg: Wer gewinnt den Kampf um die Wähler?

Bei den bevorstehenden Wahlen in Hamburg stehen die Parteien vor einer besonderen Herausforderung: Die enge Taktung der Wahlen zum Bundestag am 23. Februar und zur Bürgerschaft am 2. März könnte vor allem Wechselwähler beeinflussen. Politikberater Bendix Hügelmann empfiehlt den Parteien, ihre Botschaften klar zu differenzieren, um Bürger effektiv anzusprechen. Er analysiert, dass bundespolitische Themen auch Auswirkungen auf die Bürgerschaftswahl haben könnten, insbesondere aufgrund von Überschneidungen in den Wahlkampfbotschaften.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger zwischen bundes- und landespolitischen Themen differenzieren, steht im Raum. Hügelmann weist darauf hin, dass die Reihenfolge der Wahlen die Interpretation der Ergebnisse beeinflussen könnte. Die Situation könnte sowohl zu einer politischen Mobilisierung als auch zu Wahlmüdigkeit führen. Allerdings erwartet er einen leichten Anstieg der Wahlbeteiligung in Hamburg. „Parteien mit positivem Bundestrend könnten von einem Mitzieheffekt profitieren“, erklärt Hügelmann.

Aktuelle Umfragewerte und digitale Strategien

Bei der Bürgerschaftswahl 2020 erhielt die SPD 39,2%, die Grünen 24,2%, die CDU 11,2%, die Linke 9,1%, die AfD 5,3% und die FDP scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde. Aktuelle Umfragen projizieren die SPD bei 32%, gefolgt von den Grünen mit 20% und der CDU mit 17%. Die AfD wird aktuell bei 10%, die Linke bei 7% und die FDP sowie BSW jeweils bei 4% gesehen.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den digitalen Wahlkampagnen. Hügelmann betont die Bedeutung von Plattformen wie TikTok, wo die AfD mehr Follower hat als andere Parteien in Hamburg. Dennoch wird TikTok von vielen Parteien bislang stiefmütterlich behandelt, obwohl 23 Millionen Deutsche die Plattform nutzen. Cansu Özdemir (Linkspartei), Jimmy Blum (FDP), Sarina Badafras (SPD) und Emilia Fester (Grüne) sind unter den wenigen Politikern, die TikTok aktiv nutzen. Hügelmann warnt jedoch, dass viele Parteien Schwierigkeiten haben, zeitgemäße Social-Media-Kommunikation umzusetzen, da diese eine gewisse Vorlaufzeit erfordert.

Die Rolle sozialer Medien könnte sich während der Wahlsaison als entscheidend herausstellen. Soziale Medien wie TikTok, Instagram und Facebook haben gezeigt, dass sie oft radikale Ansichten verbreiten, um Likes und Shares zu generieren, besonders die AfD und ihre Jugendorganisation Junge Alternative aktivieren diese Plattformen stark. Experten halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass soziale Medien die Bundestagswahl entscheidend beeinflussen. Judith Möller, Professorin für empirische Kommunikationsforschung, betont, dass die Wahlentscheidung von vielen Faktoren abhängt, nicht nur von sozialen Medien.

Andreas Jungherr, Professor für Politik und Digitale Transformation, weist darauf hin, dass kurzfristige Social-Media-Kampagnen nicht entscheidend sind und dass Informationen kumulativ wirken. Trotzdem steht fest, dass soziale Medien die Wahrnehmung der Realität verzerren, indem sie Unzufriedenheit und Probleme überproportional thematisieren. Jungherr beschreibt soziale Medien als „Stresstest für die Demokratie“, der die Sichtbarkeit von Problemen erhöht. Die Experten raten etablierten Parteien, soziale Medien aktiver zu nutzen, um die pluralistische Demokratie zu unterstützen, und nicht jeden zweifelhaften Post in den klassischen Medien zu verbreiten, da dies Falschinformationen sogar verstärken kann.