
Die MVV Energie in Mannheim hat Pläne angekündigt, ihr Erdgasnetz bis 2035 stillzulegen. Damit möchten die Stadt Mannheim und der Energieversorger eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen. Diese Entscheidung fällt in einen Kontext, in dem das deutsche Klimaschutzgesetz eine vollständige Klimaneutralität bis 2045 vorsieht. Trotz dieser ambitionierten Ziele zeigt sich, dass die Mehrheit der deutschen Energieversorger, gemäß einer Umfrage des Handelsblatts, auf eine vorzeitige Abschaltung ihrer Gasnetze verzichtet.
Auch andere Energieversorger wie die Freiburger Badenova haben sich im Hinblick auf Klimaneutralität bis 2035 positioniert, planen jedoch, ihre Netze schrittweise auf grüne Gase umzustellen. Während MVV Energie daran zweifelt, dass grünes Gas aus pflanzlichen Quellen oder klimaneutraler Wasserstoff in absehbarer Zeit verfügbar oder bezahlbar sein wird, arbeiten andere Unternehmen, wie Energie Südbayern, bereits an einer Wasserstoffinfrastruktur. Bereits zehn Haushalte in Hohenwart wurden mit Wasserstoff versorgt.
Herausforderung der Umstellung
Die EU-Binnengasrichtlinie verpflichtet Betreiber von Gasverteilnetzen zur Entwicklung von Stilllegungsplänen bei sinkender Nachfrage. Städte wie Hannover, Stuttgart und München haben bereits frühere Ausstiege angekündigt, jedoch ohne konkrete Zeitpläne. Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sieht bis 2040 eine Reduktion der Treibhausgase um 88 Prozent vor, was bedeutet, dass Gas bald nur noch aus Pflanzen oder emissionsfrei aus Wasserstoff gewonnen werden darf.
Das Wärmeplanungsgesetz verlangt von Großstädten bis Mitte 2026 sowie von kleineren Städten bis 2028, klimafreundliche Heizpläne zu veröffentlichen. Mainova in Frankfurt plant, ihr Gasnetz bis 2040 um 450 Kilometer zu erweitern und das Heizkraftwerk West auf ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk umzustellen. Kritiker bemängeln die kurzfristige Kommunikation der MVV, während das Unternehmen betont, dass der Entschluss bereits länger feststand.
Im Zusammenhang mit den weltweit steigenden Bemühungen um eine nachhaltige Energieversorgung wird Wasserstoff als zukünftiger Energieträger angesehen, der vergleichbar mit Erdöl ist. Er kann durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden, benötigt jedoch Strom, um klimaneutral zu sein. Die Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff sind vielfältig, einschließlich der Industrie, wo er beispielsweise in der Stahlproduktion eingesetzt wird, sowie in Brennstoffzellen für Fahrzeuge.
Der Umbau des Erdgasnetzes in ein Wasserstoffnetz wird als notwendig erachtet, um die bestehende Infrastruktur für höhere Wasserstoffanteile zu nutzen. Derzeit sind Beimischungen von bis zu 10 Prozent Wasserstoff im Gasnetz möglich, bis 2030 sollen 20 Prozent erreicht werden.
Die Kosten für den Umbau des Erdgasnetzes auf ein Wasserstoffnetz werden auf etwa 0,5 Milliarden Euro pro Jahr bis 2050 geschätzt, wobei ein Einsparpotenzial von 8-14 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 und bis zu 95 Millionen Tonnen CO2 bis 2050 besteht. Deutschland hat das Potenzial, bis zu 470.800 zusätzliche Arbeitsplätze in der Wasserstoffwirtschaft zu schaffen.
Vorschläge zur rechtlichen Umsetzung des erforderlichen Umbaus beinhalten Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz sowie die Förderung der Wasserstoff-Kraft-Wärme-Kopplung. Langfristige Nutzung fossiler Energieträger soll ausgeschlossen und die Nutzung von Wasserstoff gefördert werden, um den Übergang zu einer klimafreundlichen Energieversorgung zu unterstützen.