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Ein erschreckender Vorfall in einer Arztpraxis hat im Raum Niedersachsen für Aufsehen gesorgt. Ende Januar wurde ein Allgemeinmediziner von einem 24-jährigen Patienten bewusstlos geschlagen. Der Angriff, der als grundlos und unvermittelt beschrieben wird, führte zu erheblichen Gesichtsverletzungen bei dem Arzt, der daraufhin mehrere Stunden im Krankenhaus behandelt werden musste. Trotz der Schwere des Vorfalls fallen für den Mediziner keine bleibenden Schäden zu erwarten, dennoch wird er für zwei Wochen am Arbeitsplatz ausfallen.
Der Täter, der von der Polizei in Herford fachärztlich begutachtet wurde, bleibt zu diesem Zeitpunkt auf freiem Fuß. In einem ähnlichen Vorfall wurde ein Arzt im Düsseldorfer Uni-Klinikum von einem Mann mit einem Messer bedroht und von einem Polizisten angeschossen. Diese Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die zunehmende Gewalt in deutschen Arztpraxen.
Mehr Gewalttaten in Arztpraxen
Die Gewalt in Arztpraxen nimmt in Deutschland allgemein zu. Andreas Gassen, der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, stellte fest, dass nicht nur in Notaufnahmen, sondern auch bei niedergelassenen Ärzten die Aggressionen und Drohungen durch Patienten zugenommen haben. Beschwerden über eine verstärkte Gewaltbereitschaft zeigen sich sowohl in verbalen als auch in körperlichen Angriffen. Gassen berichtete auch von einem Vorfall, bei dem ein Patient eine Tür kaputt trat.
Eine Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus dem Jahr 2023 ergab, dass 80% der befragten Ärzte bereits Beschimpfungen oder Drohungen erlebt haben. Zudem gaben 43% an, in den letzten fünf Jahren körperliche Gewalt erfahren zu haben. Besonders betroffen sind oft die Mitarbeiter der Praxen, insbesondere die Medizinischen Fachangestellten, die oft als alleinige Ansprechpersonen in potenziell gefährlichen Situationen agieren müssen.
In Reaktion auf die steigende Gewalt fordern mehrere Mediziner eine Verschärfung des Strafrechts, um die Hemmschwelle für Angriffe auf medizinisches Personal zu erhöhen. Gassen plädiert dafür, dass eine geplante Strafrechtsverschärfung auch auf die Arztpraxen ausgeweitet wird, um den Bedrohungen besser begegnen zu können. Gleichzeitig kritisiert er, dass die Politik das Problem nicht ausreichend wahrnimmt und fordert klare Strafen für gewalttätiges Verhalten gegenüber medizinischem Personal.
Die Bundesärztekammer hat ebenfalls ein umfassendes Maßnahmenbündel gefordert, um das Sicherheitsempfinden von Beschäftigten im Gesundheitswesen zu erhöhen. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, betonte die Notwendigkeit von Meldesystemen für Angriffe auf medizinisches Personal, um diese Problematik effektiver angehen zu können.
Der Vorfall in Niedersachsen ist symptomatisch für eine besorgniserregende Entwicklung im Gesundheitswesen, die tiefgreifende Veränderungen in der Wahrnehmung und dem Schutz von medizinischem Personal erfordert.