
Der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB), Alfons Hölzl, hat sich zu den aktuellen Missbrauchsvorwürfen geäußert, die an zwei Stützpunkten im deutschen Turnen laut wurden. Hölzl betonte, dass die schweren Vorwürfe nicht das gesamte deutsche Turnen repräsentieren. Sein Hauptfokus liege auf dem Wohl der Athleten. Gerben Wiersma, der Frauen-Bundestrainer, bezeichnete die letzten Monate als insbesondere herausfordernd.
In diesem Jahr stehen bedeutende Ereignisse wie das Deutsche Turnfest und die Europameisterschaften in Leipzig an. Besonders aufsehenerregend sind die Anschuldigungen der ehemaligen Turnerin Tabea Alt, die von systematischem Missbrauch am Stützpunkt in Stuttgart berichtet. Auch weitere Turnerinnen, unter anderem Elisabeth Seitz, haben sich zu den Vorwürfen geäußert. Zudem gibt es verstärkte Kritik an den autoritären Trainingsmethoden des Stützpunkts in Mannheim.
Vorwürfe und Maßnahmen
Hölzl verteidigte die Entscheidung, eine Anwaltskanzlei mit der Untersuchung der Vorwürfe zu beauftragen, da diese über Erfahrung im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen verfügt. Um die Aufarbeitung zu unterstützen, soll zudem ein externer Expertenrat gegründet werden. Allerdings haben ehemalige Top-Turnerinnen dem DTB mangelnde Unabhängigkeit bei diesen Verhandlungen vorgeworfen. Hölzl gestand ein, dass ein Kulturwandel im DTB Zeit benötige und wies auf das bestehende Machtgefälle zwischen Turnerinnen und Trainern hin.
Er kritisierte die Annahme, der DTB handle bei jeder Meldung aktiv; nicht jede Beschwerde führe automatisch zu arbeitsrechtlichen Schritten. Gleichzeitig sprach er den Trainern Vertrauen aus, bleibt jedoch nach wie vor kritisch gegenüber potentiellen Missständen.
Tabea Alt, die seit ihrem achten Lebensjahr im Kunst-Turn-Forum Stuttgart trainierte, hatte zuvor ihre erschütternden Erfahrungen geschildert. Die 24-Jährige, die 2016 an den Olympischen Spielen in Rio teilnahm, erlebte über Jahre hinweg sowohl seelischen als auch körperlichen Missbrauch. Ihre Verletzungen, wie zum Beispiel eine Ellenbogen-Problematik, wurden oft ignoriert. Alt ist überzeugt, dass der Druck im Leistungssport zu Manipulation und Abhängigkeit führen kann und forderte eine grundlegende Änderung der Kultur im Sport, um zukünftige Talente zu schützen.
Die Verbände STB und DTB zeigten sich betroffen und versicherten, dass sie die Beschwerden ernst nehmen; zwei Übungsleiter wurden bereits freigestellt, um Missständen entgegenzuwirken. Alt äußerte jedoch Enttäuschung darüber, dass auch nach ihrem Weggang Athletinnen im Kunst-Turn-Forum Stuttgart ähnliche Erfahrungen machen müssen.