
Das Amtsgericht Hannover, Niedersachsens größtes Amtsgericht mit über 100 Jahren Geschichte, hat spezielle Maßnahmen zur Anhörung von Kindern in Sorgerechtsverfahren implementiert. Die altehrwürdige Architektur, die mit einer Sicherheitsschleuse und einer neobarocken Eingangshalle aufwartet, sorgt bei vielen Besuchern für Erstaunen.
Familienrichterin Veronika Kampka hebt hervor, dass die Einlasskontrolle und das Treppenhaus von den Besuchern als spannend empfunden werden. Symbolisch verkörpern Putten im Treppenhaus Versöhnung und Teamgeist. In Deutschland gibt es jährlich rund 150.000 Verfahren zum Umgangs- und Sorgerecht, von denen bis zu 86.000 Kinder betroffen sind. Nach Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht auf Gehör.
Kindgerechte Anhörungen im Amtsgericht Hannover
Kampka führt alle zwei Wochen Anhörungstermine mit Kindern und Jugendlichen durch, wobei es keine Altersbeschränkung für die Anhörungen gibt – sogar Säuglinge können geladen werden. Sie betont die Wichtigkeit der Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktion, auch wenn das Kind selbst nicht sprechen kann. Die Anhörungen finden in einem kindgerecht eingerichteten Raum statt, um Vertrauen aufzubauen.
Während der Anhörung müssen die Eltern draußen bleiben, aber sie werden über die Themen informiert. Der Kinderschutzbund hat ein Spielzimmer eingerichtet, das als Betreuungsangebot für die Kinder dient, deren Eltern Gerichtstermine haben. Bei den Anhörungen ist zudem ein Verfahrensbeistand anwesend, der die Interessen des Kindes vertritt. Kampka erklärt, dass die Kinder nicht verpflichtet sind, Fragen zu beantworten, und viele nutzen die Gelegenheit, um ihre Meinung zu äußern.
Durch die Reform des Kindschaftsrechts in den 1990er Jahren wurde die Justiz in Deutschland kindgerechter. Dennoch kritisiert das Deutsche Kinderhilfswerk, dass Deutschland oft nicht den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen genügt. Das Amtsgericht Hannover wird als Vorbild für die Schaffung kindgerechter Räume angesehen, wie HAZ berichtete.
Ein weiterer Aspekt, der die Rechte von Kindern in Deutschland in den Fokus rückt, ist die Arbeit der Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten (KidD). Diese Initiative hat ihre Tätigkeit aufgenommen, um sicherzustellen, dass die UN-Kinderrechtskonvention, die seit 1989 in Kraft ist, auch in digitalen Räumen beachtet wird. In Deutschland gilt die Konvention seit 1992 und umfasst insgesamt 54 Artikel, die 42 Rechte für Kinder definieren.
Eine neue Plattform bündelt alle ins Deutsche übersetzten Allgemeinen Bemerkungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes. Das Deutsche Institut für Menschenrechte überwacht die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, während der Kinderrechte-Index auf kinderrechtliche Entwicklungsbedarfe in den Bundesländern hinweist. Initiativen wie die Kampagne „Kinderrechte jetzt!“, die zum Weltkindertag 2021 gestartet wurde, zielen darauf ab, die Stärkung der Kinderrechte in der Gesellschaft zu fördern.