Erinnerungen an GUBI: Schüler enthüllen Lüneburgs jüdische Geschichte
In Lüneburg wird Geschichte lebendig! Zwei engagierte Schüler, Matti Duwe und Leo Nguyen, führen durch die Stadt und erzählen von den Spuren jüdischen Lebens, die hier einst blühten. An einem geschäftigen Marktplatz, wo der Weihnachtsschmuck bereits die Fenster ziert, zeigen sie auf das ehemalige Kaufhaus GUBI. „Hier war das Kaufhaus GUBI, gut und billig“, erklärt Matti und hebt ein Foto eines alten Lieferwagens hoch, mit dem der jüdische Inhaber Henry Jacobson in den 30er Jahren seine Waren bis nach Hamburg brachte. „Mit innovativen Ideen machte er GUBI zu einem großen Kaufhaus“, fügt Leo hinzu. Diese lebendige Erzählung ist nicht nur eine Geschichtsstunde, sondern auch eine Mahnung, wie schnell das Gute in der Gesellschaft weichen kann, wie [DOMRADIO berichtete](https://www.domradio.de/artikel/jugendliche-fuehren-auf-spuren-juedischen-lebens-durch-lueneburg?womort=L%C3%BCneburg).
Die beiden Schüler, die an der Wilhelm-Raabe-Schule lernen, haben sich in einer freiwilligen AG mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Lüneburg beschäftigt. Kurz vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November 1938 erzählen sie von den schrecklichen Ereignissen, die damals stattfanden. „1933 haben SA-Leute das GUBI besetzt und Fotos von den Kunden gemacht, um sie an die Gestapo zu melden“, berichtet Matti mit ernster Miene. Diese Erinnerungen sind nicht nur Teil des Unterrichts, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung über die dunkle Vergangenheit.
Einblicke in die Vergangenheit
Die Geschichte der Juden in Lüneburg ist geprägt von Verfolgung und Verlust. Vor den systematischen Massendeportationen lebten 1933 noch 114 jüdische Bürger in der Stadt, doch bis 1937 war diese Zahl auf nur noch 38 gesunken. Die Blütezeit der jüdischen Gemeinde hatte rund 180 Mitglieder, und die 1894 eingeweihte Synagoge war für 200 Menschen ausgelegt. Doch die Pogromnacht brachte das endgültige Aus. „Die Synagoge wurde verkauft und später abgerissen“, erklärt Historikerin Anneke de Rudder. „Junge Aktivisten wollten sie in Brand setzen, doch es wurde ihnen gesagt, dass sich das nicht lohne.“ Diese schockierenden Fakten verdeutlichen die Brutalität der damaligen Zeit und die Zerschlagung jüdischen Lebens.
Die Geschichtswerkstatt Lüneburg hat sich über Jahre hinweg der Aufarbeitung dieser Geschichte gewidmet. Rolf Behncke, der die Schüler anleitet, betont, wie wichtig es ist, die Geschichten lebendig zu halten. „Es gibt so viel zu erzählen, dass die Besucher sonst einschlafen würden“, sagt er mit einem Schmunzeln. Gemeinsam mit dem Museum Lüneburg und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit haben sie wertvolle Informationen zusammengetragen, die nun online zugänglich sind. „Das Projekt ist noch lange nicht fertig“, sagt de Rudder. „Wir vermuten, dass wir bald mehr als 800 Personen auflisten können.“ Diese Initiative ist in ihrem Umfang wohl einzigartig.
Erinnerungskultur und Gedenken
Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hat dafür gesorgt, dass die Erinnerungen an die jüdische Gemeinde nicht in Vergessenheit geraten. Eine Gedenkstätte erinnert an die Synagoge, und die Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof wurde saniert. „Es sind keine vergessenen Orte mehr“, sagt de Rudder stolz. Die Schüler Matti und Leo möchten mit ihren Führungen dazu beitragen, dass die schrecklichen Ereignisse nicht wiederholt werden. In einem Hinterhof erzählen sie von Adolf Hitlers Rede 1932 auf einem Sportplatz in Lüneburg, bei der er vor 20.000 Menschen die Abschaffung der Demokratie propagierte. „Die Leute waren begeistert von den einfachen Worten, die einfache Lösungen versprachen“, erinnert sich Leo.
Die Novemberpogrome vor 86 Jahren markierten einen Wendepunkt in der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 war geprägt von Gewalt und Zerstörung. Unzählige Synagogen brannten, jüdische Geschäfte wurden verwüstet, und viele jüdische Bürger wurden misshandelt oder getötet. Diese Ereignisse sind nicht nur Teil der Geschichte, sondern auch eine eindringliche Mahnung, die wir nicht vergessen dürfen. Die Schüler von Lüneburg setzen sich dafür ein, dass die Erinnerung an diese dunkle Zeit lebendig bleibt und die Lehren daraus für die Zukunft gelten.