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Beamte der Polizeiinspektion Ludwigslust sehen sich häufig anhaltenden und belastenden Anrufen eines Mannes aus der Region ausgesetzt, der sie beleidigt und bedroht. Der Anrufer kennt die Durchwahlen einzelner Polizisten, wodurch die Beamten gezwungen sind, die Anrufe immer wieder neu zu behandeln und freundlich zu reagieren, obwohl sie sich bewusst sind, dass der Anrufer Hilfe benötigt. Felix Zgonine, Sprecher der Polizeiinspektion Ludwigslust, hebt hervor, dass eine mögliche Einweisung des Mannes in eine geschlossene Einrichtung mit hohen Hürden verbunden ist und von anderen Behörden entschieden wird.
Die Polizei sieht sich laut Zgonine außerdem zunehmenden Problemen mit psychisch kranken Personen, Alkohol- und Drogenproblemen sowie auffälligen Straftätern gegenüber. Vorfälle, die solche Personen betreffen, binden Polizeikräfte und -ressourcen in erheblichem Maße. Ein weiteres Problem sind weggeworfene Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen. In 98 Prozent der Fälle tauchen diese vermissten Personen von selbst wieder auf, dennoch erfordert die Suche nach ihnen einen hohen Einsatz der Polizei. Zgonine vermerkt, dass alle beteiligten Behörden oft überfordert sind, jedoch im ständigen Austausch stehen.
Herausforderungen bei psychischen Krisen
Die Thematik psychischer Krisen und deren Umgang durch die Polizei ist nicht nur lokal, sondern auch deutschlandweit relevant. Laut Berichten wurden seit 2019 in Deutschland 37 Menschen in psychischen Krisen von Polizisten erschossen. Experten fordern eine bessere Vorbereitung der Beamten auf derartige Situationen, bemängeln jedoch den Mangel an Geld und Personal. Der tragische Fall eines Mannes namens Oisín, der 2019 in Hamburg von der Polizei erschossen wurde, zeigt die Dringlichkeit dieser Forderungen auf. Oisín war frischgebackener Vater und verhielt sich merkwürdig, als seine Frau die 112 rief, um ärztliche Hilfe zu solicitiere. Das Eintreffen der Polizei, die mit zehn Beamten anrückte, endete in einer fatalen Konfrontation, bei der Oisín tödlich verletzt wurde.
In Deutschland gibt es derzeit keine einheitlichen Fortbildungsstandards für den Umgang mit Menschen in psychischen Krisen. Lediglich drei Bundesländer haben verpflichtende Fortbildungen für alle Beamten eingerichtet, während in Hamburg einige Beamte spezielle Schulungen besuchen müssen. Kriminologen plädieren für längere Hospitationen in psychiatrischen Einrichtungen als Teil der Ausbildung der Polizisten. Der Mangel an finanziellen Mitteln und Personal erschwert jedoch die Umsetzung dieser Fortbildungsmaßnahmen. Der Fall von Oisín hat zudem zur Einreichung einer Klage seiner Eltern vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geführt, der den Fall derzeit prüft und dessen Urteil Auswirkungen auf die Behandlung solcher Fälle in Deutschland haben könnte.