
Das Nachteulenprojekt in Erfurt, das durch die Organisation „Guardian Force“ betreut wird, hat in den letzten Monaten für viel Aufsehen gesorgt. Die Nachteulen sind aktiv, um betrunkenen oder verletzten Menschen zu helfen und insbesondere junge Frauen sicher nach Hause zu geleiten. Sie stehen zudem als Ansprechpersonen für Opfer von diskriminierenden oder sexualisierten Übergriffen zur Verfügung und tragen dazu bei, öffentliche Plätze zu beruhigen. Dabei agieren die Nachteulen nicht als Sicherheitskräfte oder Polizei, sondern verfolgen das Ziel der Deeskalation.
Florian Schlotzhauer, Prokurist bei „Guardian Force“, leitet seit diesem Jahr das Nachteulenprojekt. Die Schwerpunkte ihrer Aktivitäten liegen in den Bereichen Brühler Garten, Anger, Meienbergstraße und Petersberg. Am Abend sind stets drei Zweier-Teams in Erfurt unterwegs, die in verschiedene Regionen eingeteilt sind: Team Nord operiert in der Gera-Aue, Team Mitte in der Altstadt und rund um den Petersberg, während Team Süd den Bahnhof und die Löbervorstadt abdeckt. Ein Teammitglied, die „Obereule“, koordiniert die Einsätze via Funk. Die Teams sind diverse besetzt und setzen sich aus Personen unterschiedlicher Nationalitäten sowie aus der queer-community zusammen.
Kritik an der Vergabe des Projekts
Das Nachteulenprojekt steht jedoch in der Kritik. Im Herbst 2023 wurde eine Konzeption zur Beruhigung der Erfurter Parkanlagen veröffentlicht, die durch einen Stadtratsbeschluss am 15. November 2023 genehmigt wurde. Dieses Safer-Space-Konzept nimmt Bezug auf städtische Großveranstaltungen. Es sieht vor, dass die Dienstleistungen der „Erfurter Nachteulen“ für einen Zeitraum von 1. Februar 2025 bis 31. Dezember 2025 an einen Sicherheitsdienstleister vergeben werden. Allerdings gab es Bedenken bezüglich der Eignung von „Guardian Force“ für die vorliegende Aufgabe, da die Vergabe dem ursprünglichen Konzept widerspreche.
In einer gemeinsamen Stellungnahme von kulturellen Akteuren in Erfurt, darunter SKV, FKK und ENkL, wird kritisiert, dass die Ausschreibung Menschen in vulnerablen Situationen nicht ausreichend berücksichtige und ordnungspolitische Ziele gefördert werden. Die vorgenommene Ausschreibung schließe geeignete Träger aus, indem sie nur eine paritätische Besetzung vorsehe, anstatt den Anforderungen des ursprünglichen Konzepts gerecht zu werden, das auch multilinguale und diverse Teams verlangen würde. Zudem wird angeführt, dass die Erfahrungen aus der bisher bestehenden Projektlaufzeit nicht in die neue Ausschreibung einbezogen wurden.
Ein weiterer kritischer Punkt ist der potenzielle Interessenskonflikt, da die Guardian Force Security GmbH bereits für Sicherheitskonzepte städtischer Großveranstaltungen verantwortlich ist. Dies wirft Fragen zur Unabhängigkeit und Wirksamkeit des geplanten Awareness-Teams auf. Die unterzeichnenden Organisationen fordern eine gründliche Überprüfung der Vergabeentscheidung, um sicherzustellen, dass eine unabhängige Awarenesstruktur gewährleistet ist.
Florian Schlotzhauer entgegnete der Kritik, indem er darauf hinwies, dass Awareness seit 25 Jahren ein integraler Bestandteil ihrer Arbeit sei und die meisten Aufträge nicht restriktiv formiert sind, sondern darauf abzielen, Probleme zu vermeiden. Im Gespräch mit [MDR](https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/nachteulen-projekt-security-guardian-force-altstadtfruehling-100.html) verdeutlichte er die Ziele und Herausforderungen des neuen Projekts, während die Stellungnahme weiterführende Kritikpunkte an der Vergabe und den aktuellen Rahmenbedingungen auflistet, die [Ständige Kulturvertretung](https://staendigekulturvertretung.de/stellungnahme-zur-vergabe-des-projektes-der-erfurter-nachteulen/) erhoben hat.