Goslar

Erinnerung bewahren: Jugendliche lernen aus Holocaust-Geschichten

Am 26. Januar 2025 wird weltweit an die Schrecken des Holocausts erinnert. 80 Jahre nach diesen nationalsozialistischen Verbrechen stellt sich die Herausforderung, die Erinnerung daran wachzuhalten, da immer weniger Zeitzeugen leben. Der Verein „Zweitzeugen“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die Geschichten von Holocaust-Überlebenden zu bewahren und sie lebendig zu vermitteln. Bildungsreferentin Alina Jagel, die für die Bildungsarbeit des Vereins verantwortlich ist, nutzt Audiovisuelles aus Interviews mit Zeitzeugen, um die Geschichte eindrucksvoll zu präsentieren.

In einem Workshop mit Jugendlichen aus Goslar wurde die bewegende Geschichte von Israel Liechtenstein behandelt, der in Auschwitz seinen Vater verlor. Die Teilnehmer setzten sich intensiv mit Liechtensteins Kindheit, seiner Verfolgungszeit und seinem Leben nach dem Umzug nach Israel auseinander. Der Verein kooperiert dabei mit der Fan-Hochschule des Fußballclubs Eintracht Braunschweig, die politische Bildung und Sport verbindet und Workshops in Stadionnähe anbietet. Helge Keller von der Fan-Hochschule hebt die Strahlkraft des Clubs für junge Menschen hervor. Die Workshops thematisieren Demokratie, gesellschaftliche Teilhabe, Rassismus und Antisemitismus.

Interesse und Einblicke in die NS-Geschichte

Bei den Schülern zeigen sich großes Interesse und Freude am Lernen außerhalb des Klassenzimmers. Eine Schülerin, Finnja, bemerkte, dass die Geschichten sehr nachdenklich stimmen und die Erzählungen eindrucksvoll sind. Zeitzeugengespräche sind inzwischen fester Bestandteil der schulischen und außerschulischen Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte. Diese Gespräche sollen Schülern Einblicke in die Auswirkungen der nationalsozialistischen Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik bieten und Empathie für Menschenrechte und Toleranz fördern.

Die pädagogische Fokussierung auf die Perspektive der Verfolgten ist eng mit dem gestiegenen Interesse an Alltags- und Regionalgeschichte in den 1980er Jahren verbunden. Dabei gilt die Oral-History-Bewegung in den USA als Inspirationsquelle für die Integration von Zeitzeugen in die Bildungsarbeit. Diese Zeitzeugenberichte haben eine besondere Legitimität und versprechen, dass das Gedenken an die Opfer die Würde der Betroffenen wiederherstellt und zukünftige Wiederholungen von Leiden verhindern kann.

Allerdings wurde auch auf verschiedenen Herausforderungen hingewiesen, die mit den Zeitzeugengesprächen verbunden sind. Hierzu zählen die Notwendigkeit einer gerechten Behandlung sowohl der Zeitzeugen als auch der Schüler sowie die Bedeutung von Moderation und Nachbereitung durch Lehrer. Zunehmend wird auch diskutiert, wie Berichte von Zuschauern und Tätern des Nationalsozialismus sinnvoll eingebunden werden können, um Schülern Handlungsperspektiven zu bieten und kritisches Nachdenken über Diskriminierung und Antisemitismus zu fördern. Angesichts des zeitlichen Abstands zu den NS-Verbrechen müssen zukünftige Ansätze der Holocaust-Erziehung sich stärker auf archivierte Zeitzeugenberichte stützen, um den historischen Reichtum und die Schülerinformationen effektiv zu vermitteln.