Mediationsverfahren: 400.000 Euro für Missbrauchsopfer im Bistum Hildesheim?
Ein dramatischer Prozess hat vor dem Landgericht Hildesheim begonnen, der die katholische Kirche in Niedersachsen erschüttert. Jens Windel, ein mutmaßliches Opfer von sexuellem Missbrauch, fordert 400.000 Euro Schmerzensgeld vom Bistum Hildesheim. In einer ersten mündlichen Verhandlung am Freitag hat Richter Jan-Michael Seidel ein Mediationsverfahren vorgeschlagen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dies könnte für Windel eine gewisse Genugtuung darstellen, auch wenn das Gericht bereits angedeutet hat, dass die Taten möglicherweise verjährt sind, wie [Kirche und Leben](https://www.kirche-und-leben.de/artikel/bistum-hildesheim-missbrauch-landgericht-hildesheim-schmerzensgeld-prozess?womort=Hildesheim) berichtete.
Windel, der sich seit Jahren für die Rechte von Missbrauchsopfern in der katholischen Kirche einsetzt, hat seine Klage auf die schweren Misshandlungen gestützt, die er als Kind in den 1980er Jahren erlitten hat. Er war damals Messdiener und wurde über zwei Jahre hinweg von einem Priester missbraucht. Das Bistum Hildesheim hat die Vorwürfe nicht bestritten, argumentiert jedoch, dass es keine schriftlichen Beweise für den Missbrauch an Windel gibt und beruft sich auf die Verjährung der Taten.
Die Hintergründe des Prozesses
Der Prozess ist der erste seiner Art in Niedersachsen und könnte weitreichende Konsequenzen für die katholische Kirche haben. Windel, der auch im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz aktiv ist, hat bereits Anerkennungszahlungen in Höhe von 50.000 Euro erhalten, die jedoch ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geleistet wurden. Diese Zahlungen, so Windel, seien viel zu gering angesichts des erlittenen Leids. Er hat das Bistum auch auf eine außergerichtliche Einigung angesprochen, die jedoch abgelehnt wurde, da das Bistum auf die Einrede der Verjährung pocht.
Die Beweislast liegt in diesem Verfahren bei Windel, was die Situation zusätzlich kompliziert. Sein Anwalt argumentiert, dass das Bistum sich treuwidrig verhalte, da es Windels Engagement in der Aufklärungsarbeit öffentlich gewürdigt hat, während es gleichzeitig die Verjährung als Verteidigungslinie nutzt. Diese Widersprüchlichkeit könnte das Gericht dazu bewegen, einen Vergleich vorzuschlagen, um eine langwierige und belastende Beweisaufnahme zu vermeiden, wie [NDR](https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/400000-Euro-Schmerzensgeldprozess-gegen-Bistum-Hildesheim-,missbrauch2536.html) berichtete.
Öffentliche Reaktionen und Unterstützung
Die Reaktionen auf den Prozess sind überwältigend. Initiativen wie der „Eckige Tisch“ haben eine Petition gestartet, die bereits mehr als 65.000 Unterschriften gesammelt hat. Die Forderung ist klar: Die katholische Kirche soll in Zivilprozessen auf die Einrede der Verjährung verzichten. Dies zeigt, wie stark das öffentliche Interesse an diesem Fall ist und wie viele Menschen sich mit den Opfern solidarisieren.
Windel selbst ist enttäuscht von der Reaktion der Kirche und hofft auf eine gerechte Entscheidung des Gerichts. Der Prozess könnte nicht nur für ihn, sondern auch für viele andere Betroffene von Bedeutung sein, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die katholische Kirche steht unter Druck, sich ihrer Verantwortung zu stellen und die Taten der Vergangenheit aufzuarbeiten.
Die kommenden Verhandlungen werden mit Spannung erwartet, da sie nicht nur Windels Schicksal, sondern auch die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland beeinflussen könnten. Die Frage bleibt, ob das Gericht einen Weg finden wird, um eine gerechte Lösung für alle Beteiligten zu erreichen.