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Zukunft der Schulen: Bürgerrat für Bildungsgerechtigkeit gefordert!

In Sachsen-Anhalt wird derzeit über die Zukunft der Integrierten Gesamtschulen (IGS) in Halle (Saale) diskutiert. Anlass für diese Gespräche sind Änderungen im Schulgesetz des Landes, die eine Neubewertung des Bildungssystems erfordern. Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Einsetzung eines Bürgerrats gefordert, mit dem Ziel, eine fundierte Diskussion über die Weiterentwicklung des Bildungssystems zu initiieren.

Ein zentrales Anliegen des Bürgerrats ist die Thematisierung der Bildungsgerechtigkeit. Bildungspolitikerin Susan Sziborra-Seidlitz betonte die gesellschaftliche Relevanz der Bildungsfragen und äußerte Kritik an der frühen Trennung von Schüler*innen in verschiedene Schulformen. Studien zeigen nämlich positive Effekte eines längeren gemeinsamen Lernens auf den Bildungserfolg und die Chancengerechtigkeit. Besonders leistungsschwächere Schüler*innen profitieren von einer längeren gemeinsamen Schulzeit, was durch einen Blick auf den europäischen Durchschnitt unterstützt wird: In vielen Ländern lernen Kinder bis mindestens zur sechsten Klasse gemeinsam.

Befürwortung längeren gemeinsamen Lernens

Die Diskussion um längeres gemeinsames Lernen ist nicht nur auf Sachsen-Anhalt beschränkt. In Deutschland existieren unterschiedliche Regelungen zur Grundschulzeit: Während Bayern eine Dauer von vier Jahren vorsieht, gibt es in Berlin sechs Jahre. Nach der vierten Klasse können Berliner Kinder auf ein Gymnasium wechseln. Der Bildungsforscher Matthewes plädiert für eine bundesweit einheitliche Grundschulzeit von sechs Jahren und spricht sich für die Einführung von Gemeinschaftsschulen aus. Diese Schulen trennen fächerspezifisch, was den Schülern eine bessere Förderung ihrer Stärken ermöglichen soll.

Die Argumentation für eine längere gemeinsame Grundschulzeit ist vielfältig. So wird etwa angeführt, dass hierfür keine zusätzlichen Lehrkräfte benötigt werden. Eine Ifo-Studie belegt, dass die Leistungen von Mittelschülern in Bayern nach der Trennung in Mittel- und Realschulen gesunken sind. Kritiker wie der bayerische Elternverband bemängeln die frühzeitige Entscheidung beim Übertritt, die nur drei Fächer berücksichtigt. Initiativen wie „Eine Schule für alle in Bayern“ und das „Bündnis Gemeinschaftsschule in Bayern“ setzen sich deshalb für ein längeres gemeinsames Lernen ein. Florian Kohl von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unterstützt diese Forderung ebenfalls.

Innovative Schulen in Deutschland versuchen zudem, das dreigliedrige Schulsystem aufzubrechen. Ein Beispiel hierfür ist die Alemannenschule in Wutöschingen, die im Jahr 2019 den Deutschen Schulpreis erhielt. Allerdings hält der Bayerische Philologenverband den Übertritt nach der vierten Klasse für alternativlos, um Schüler gemäß ihrer Leistungsfähigkeit zu fördern. Bildungsforscher Matthewes weist darauf hin, dass eine Verlängerung der Grundschulzeit um zwei Jahre sowohl leistungsfördernd als auch ungleichheitsmindernd wirken könnte.