
Ein idyllisches Bergdorf im Allgäu steht kopf! Die Bewohner von Gunzesried-Säge, einem kleinen Fleckchen Erde mit nur 79 Seelen, stellen sich geschlossen gegen das Vorhaben, 45 Flüchtlinge aufzunehmen. In einem so malerischen Ort, wo die Zeit fast stillzustehen scheint, brodelt es kräftig. Eine Petition, gestützt durch satte 700 Unterschriften, macht ihrem Unmut Luft. Das Ganze erreicht nun den Bayerischen Landtag, wo die Verantwortlichen gefordert sind, Stellung zu beziehen. Focus Online berichtet, dass der Druck seitens der Bundesbehörden immens ist, was die Notwendigkeit der Unterbringung erklärt.
Doch nicht alle sind begeistert von dem direktiv wirkenden Vorhaben des Landratsamts Oberallgäu, das ehemalige Hotel als Unterbringungsstätte herzurichten. Der Bürgermeister von Blaichach, Christof Endreß, äußert Bedenken: Keine Infrastruktur, wenige Busverbindungen und ein hohes Maß an Isolation sprechen aus seiner Sicht gegen eine solche Integration. Er ist nicht allein mit seiner Skepsis. Kritische Stimmen mehren sich, auch wegen der Art und Weise, wie das Projekt ohne ausreichende Bürgerbeteiligung durchgepeitscht werden soll.
Spiel auf der politischen Klaviatur
Rechtsanwalt Franz-Peter Seidl, der die Stimmen zahlreicher Anwohner vertritt, ist verärgert. Lange war die Nutzung des Heubethofs als Flüchtlingsunterkunft beschlossene Sache – doch informiert wurde die Öffentlichkeit erst spät. Der Eindruck, hier wurde bewusst eine Nebelkerze gezündet, lässt die Bevölkerung erbost reagieren. Als es bekannt wurde, war es schon fast zu spät, denn die ersten Flüchtlinge sollten am Wochenende einziehen.
Zur Verteidigung des Landratsamts argumentiert die Landrätin Indra Baier-Müller, dass man lediglich „ein bis zwei Familien“, vorzugsweise aus der Ukraine, umziehen wolle. „Großes Kino, ganz großes Kino!“, mag man sich ortenken, denn die Fläche des angemieteten Heubethofs stünde dafür nur eingeschränkt zur Verfügung.
Die Fronten sind verhärtet
Besonders brisant ist die Tatsache, dass der gültige Bebauungsplan die jetzige Nutzung nicht erlaubt. Das schreit förmlich nach Bürokratie-Tango, denn das Landratsamt hätte eine Befreiung der Planung einholen müssen. Eine solche Regularie scheint im Fall von Gunzesried-Säge schlicht unter den Tisch gefallen zu sein. Es klang fast nach einem Paukenschlag der Ignoranz: Fakten schaffen ohne Konsens, das stößt auf harsche Kritik.
Ob der Bayerische Landtag das Heft rechtzeitig in die Hand nimmt und eine vernünftige Lösung erarbeitet, bleibt fraglich. Die Bürgerinitiative konnte immerhin sicherstellen, dass bis zur abschließenden Beratung im Landtag keine weiteren Umzüge stattfinden, wie der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Konrad bestätigte. Die Sitzung dieses Gremiums ist jedoch erst nach den Osterfeiertagen geplant. Ironie der Geschichte: BR24 berichtet, dass trotz des nicht bestätigten Umzugs bereits Umzüge geplant sind, und dies könnte die Lage weiter anheizen.
Kritik, Unsicherheit und Tatenlosigkeit einer Seite und das schrille Aufbäumen einer entschlossenen Bürgerschaft auf der anderen – dieses Scharmützel ist weit davon entfernt, ein baldiges Ende zu finden.