
Der slowakische Premierminister Robert Fico hat in den letzten Tagen mehrere Termine ohne nähere Erklärungen abgesagt, was unter seinen Parteikollegen von Smer zu Irritationen geführt hat. Die Absagen fallen zeitlich zusammen mit dem bevorstehenden Jahrestag eines Attentats auf Fico, bei dem er im vergangenen Jahr schwer verletzt wurde. Am 28. April wurde seine geplante Reise nach Großbritannien abgesagt, wo er einen Vortrag an der Oxford University halten sollte. Die Begründung für diese Absage lautete, dass Gespräche mit ausländischen Investoren der Vorrang gebührt.
Am selben Tag empfing Fico den ungarischen Premierminister Viktor Orbán in Bratislava. Am 1. Mai erschien Fico nicht zu weiteren geplanten Veranstaltungen, darunter ein Besuch in Nitra. Der Bürgermeister von Nitra gab an, dass ihm keine Informationen über die Absagen vorliegen. Der Vorsitzende der Smer-Fraktion, Ján Richter, äußerte, dass er davon ausgehe, dass Fico körperlich und geistig gesund sei, vermutet jedoch, dass die Absagen mit dem nahenden Jahrestag des Attentats zusammenhängen.
Attentat auf Fico
Das Attentat auf Robert Fico ereignete sich am 15. Mai 2024 in Handlová, als er nach einer Kabinettssitzung beim Begrüßen von Anhängern angeschossen wurde. Der mutmaßliche Täter, ein 71-jähriger Mann, wurde am Tatort festgenommen. Er hatte Fico aus unmittelbarer Nähe fünf Mal angeschossen und dabei lautstark auf ihn gerufen. Fico erlitt schwere Bauch- und Gesichtsverletzungen und schwebte zunächst in Lebensgefahr. Nach einer fünfstündigen Operation wurde er ins Krankenhaus in Banská Bystrica gebracht und auf der Intensivstation untergebracht. Sein Gesundheitszustand hat sich inzwischen stabilisiert, und er ist wieder bei Bewusstsein.
Der mutmaßliche Täter, der einen Waffenschein besitzt und früher als Sicherheitskraft tätig war, ist Mitglied der slowakischen Schriftstellervereinigung und hat sich in der Vergangenheit kritisch zu Migration und Gewalt geäußert. Innenminister Sutaj Estok geht von einem politischen Hintergrund des Attentats aus, das parteiübergreifend verurteilt wurde. Viele Parteien sagten daraufhin Veranstaltungen vor der Europawahl ab. Präsidentin Zuzana Čaputová bezeichnete das Attentat als einen Angriff auf die Demokratie.
Fico ist eine umstrittene Figur in der slowakischen Politik. Er ist Gründer der Linkspartei Smer-SSD und polarisiert mit seiner Rhetorik die Gesellschaft. In der Vergangenheit hat er die liberale Opposition beschuldigt, ein feindliches Klima gegen seine Regierung zu schaffen. Gegenwärtig plant er Änderungen im Strafrecht und in der Justiz, die auch sein Umfeld betreffen könnten. Kritiker bezeichnen diese Pläne als „Pro-Mafia-Paket“. Fico versucht zudem, die Medien stärker unter staatliche Kontrolle zu stellen und hat eine russlandfreundliche Haltung, während er sich kritisch zu den NATO- und EU-Sanktionen gegen Russland äußert. Dennoch hat die Slowakei unter seiner Regierung alle EU-Sanktionen gegen Russland mitgetragen.