Satire

Puck dich zum Mond: Ein eiskalter Trip durch die Eishockey WM-Katakomben

Eines schönen Tages erfüllte eine großartige Neuigkeit unsere kalten Herzen: Die Eishockey-WM steht kurz bevor. Isotone Getränke wurden sofort bestellt. Ein paar mutige, besessen von Hingabe an den Sport, haben sogar Hockey-Shirts tief aus dem Keller geholt, um damit die Trophäe zu erwecken. Der Duft von altem Schweiß und vergangenen Siegen wehte durch den Raum.

Es ist nicht so, dass wir den Postkartenlieferanten schon im Vorfeld auf die Landesflaggen des kleinen, aber ehrgeizigen Königreichs Bhutan und des Eishockey-Erdogans der Türkei hinweisen müssten. Nein, Eishockey-WM bedeutet vor allem eines: Kanada, Russland, Schweden, Finnland und ein bisschen USA. Der Rest der Welt sitzt als Zaungast am Rand, versucht, nicht über ihre Kufen zu stolpern und bewundert die Zauberei auf dem Eis, die in ungefähr demselben Abstand zu ihrem eigenen Eishockey-Verständnis steht wie eine Raumstation zu einer Bahnhofstoilette.

Jeder Deutsche, der schon einmal vor dem Fernseher bei einem Eishockey-Spiel gegen Russland oder Kanada saß, weiß: Hier kann man nur verlieren. Und man verliert auf eine so charmante, liebenswerte Weise, dass man es kaum ertragen kann. Es ist, als würde ein Kind gegen Chuck Norris antreten. Es ist Kampf, es ist Drama, es ist blutiges Ballett, episches Fechten mit Eis und Stahl und sehr, sehr viel Bier.

„Aber Deutschland ist doch Weltmeister im Fußball!“, donnert der Prolet im Hintergrund, nur um seinen Kasten Bier wieder zu besänftigen. Wohlan, dann willkommen zur Eishockey-WM, lieber Kickers-Fan. Hier herrscht die Sphäre der kompletten Verachtung für jegliche Theorie, dass es eine Chance gibt. Wenn Kanadier auf dem Eis gleiten, sieht es aus, als ob Newton alle physikalischen Gesetze gerade für sie umgeschrieben hätte. Jeder Pass, jeder Schuss, jeder Check erfolgt in einer Geschwindigkeit, die uns als Fußball-Fans nur eine Frage hinterlässt: Wo zur Hölle ist der Ball?

Aber lieben wir es nicht gerade dafür? Eishockey ist ein Virus, dass einmal im Jahr ausbricht und uns mit offenen Armen begrüßt. Es ist spätabends/ frühmorgens, die Kamera rast über das Eis, und wir wissen: Dieses Spiel können wir nicht gewinnen. Aber im Herzen ist uns das egal, denn wir lieben es, Zeuge dieser Passion zu sein. Deswegen strömen wir in Bars, binden Nationalflaggen um unsere Hüften und brüllen hemmungslos in die Dunkelheit.

Und dann, plötzlich, ja unvermittelt, passiert es: Ein abgefälschter Schuss, ein Missverständnis der gegnerischen Abwehr – und wir Deutschen erzielen ein Tor gegen eine Eishockey-Nation. Das ist der Moment, den wir alle erwarten und für den wir uns die Nächte um die Ohren schlagen. Dieser eine Moment, der die Realität(sflucht) verschluckt, in dem Deutschland auf Augenhöhe ist mit den Giganten des Eishockeys.

Für diesen Moment überleben wir tausend Niederlagen, tausend Tränen, tausend versaute Großchancen. Weil wir wissen: In der Eishalle ist alles möglich. Auch wenn es unerreichbar scheint. Wir wissen: Hier geschieht jedes Jahr etwas Magisches. Etwas, was Fußball niemals erreichen wird. Nicht in hundert Jahren.

So schnallen wir uns also die Schlittschuhe an und stürzen uns mit großen Augen in das Abenteuer Eishockey-WM. Weil wir es können, weil wir es lieben, weil es uns in jeder Sekunde überfordert und überrascht. Die Eishockey-WM ist wie ein guter Satire-Artikel – man weiß nie, was als nächstes kommt, und man fühlt sich immer ein bisschen dumm dabei.

Aber haben wir nicht alle gehofft, dass der Eishockeygott uns diesen einen Moment schenkt? Einen Moment, in dem alles möglich scheint? Einen Moment, in dem wir uns nicht mehr vorstellen können, wie eine Welt ohne Eishockey aussehen würde? Eishockey-WM, here we come!

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