
Am 15. September 1942 deportierte die Gestapo etwa 50 jüdische Kinder und ihre Betreuerinnen aus dem Kinderhaus in der Hans-Thoma-Straße 24 in das Konzentrationslager Theresienstadt. Diese tragische Aktion führte dazu, dass die meisten der deportierten Kinder ermordet wurden, wobei nur drei von ihnen überlebten. Das Kinderhaus wurde 1919 von Bertha Pappenheim und Henriette Fürth als Teil des „Israelitischen Frauenvereins zur Förderung der gemeinnützigen Bestrebungen für die Gesamtinteressen der jüdischen Frauenwelt“ eröffnet. Es bot Obhut, Verpflegung und Unterweisung für bedürftige israelitische Kinder, einschließlich Waisenkinder und solcher ohne familiäre Betreuung.
Das Kinderhaus verfügte über 50 Plätze für Kinder vom Säuglingsalter bis zum sechsten Lebensjahr. Das ursprüngliche Gebäude wurde um 2002 abgerissen; an seiner Stelle entstand ein Ärztehaus mit einer Kinderarztpraxis. Der Ortsbeirat 5 plant, eine Stolperschwelle vor dem ehemaligen Standort des Kinderhauses zu errichten, um an die Geschichte zu erinnern. Der Platz der vergessenen Kinder wurde vor zehn Jahren in der Nähe umgestaltet und benannt, um an die deportierten Kinder zu erinnern. Eine Dreidel-Skulptur aus Bronze und eine Gedenktafel wurden 2017 am Platz der vergessenen Kinder enthüllt. Jährlich findet im September eine Gedenkfeier am Jahrestag der Deportation statt, die von der Maria-Magdalena-Gemeinde organisiert wird.
Hintergrund zu den Deportationen
Die Deportationen von jüdischen Menschen aus Frankfurt, die ab August 1942 stattfanden, betrafen nicht nur Kinder, sondern auch ältere und gebrechliche Personen, Kriegsausgezeichnete des Ersten Weltkriegs sowie Mitarbeiter jüdischer Institutionen und Menschen aus „Mischehen“. Die meisten dieser Deportationen hatten das Ziel, die betroffenen Personen ins Lager Theresienstadt zu bringen, wo viele Deportierte an Entbehrungen starben oder in Vernichtungslager transportiert wurden. Die letzte große Deportation fand im Februar 1945 statt.
Theresienstadt wurde 1941 nach der Zwangsräumung der tschechischen Bevölkerung in ein Ghetto für tschechische Juden umgewandelt und ab Juni 1942 auch für deutsche Juden geöffnet. Die Frühjahrsdeportationen 1942 aus Frankfurt schonten Menschen über 65 sowie gebrechliche über 55, Kriegsverwundete und deren Familien. Ab August 1942 waren Juden verpflichtet, einen „Heimeinkaufsvertrag“ abzuschließen, der die Übertragung ihres Vermögens an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland vorsah; das Vermögen wurde später von der Gestapo beschlagnahmt. Transportorganisation und -logistik änderten sich im Laufe der Deportationen. Die erste große Deportation nach Theresienstadt fand am 18. August 1942 statt und umfasste über 1.000 Personen aus jüdischen Altersheimen.
Die Augenzeugin Tilly Cahn dokumentierte die Abfertigung und den Transport der Deportierten. 1944 lebten nur noch 44 der Deportierten in Theresienstadt, von denen 17 bis 1945 überlebten. Zwei weitere große Deportationen nach Theresienstadt fanden am 1. und 15. September 1942 statt, die fast 2.500 Menschen betrafen, von denen nur 137 bis zur Befreiung überlebten. Zudem wurden Ende September 1942 234 Mitarbeiter jüdischer Institutionen nach Estland deportiert, wo viele erschossen wurden. Von über 10.600 aus Frankfurt deportierten Juden überlebten weniger als 600 das Ende des NS-Regimes.