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Die Flucht vor dem Krieg: Viele Russen kehren zurück, nachdem sie das Leben im Ausland als herausfordernd empfanden.
Die Schrecken des Krieges haben unzählige Russen in die Flucht getrieben, doch nun kehren viele zurück – und das aus gutem Grund! Arseny, ein junger IT-Experte aus Moskau, erlebte den Schock der Teilmobilmachung hautnah. Am 21. September 2022, als Präsident Wladimir Putin die Mobilmachung verkündete, war die Panik groß. „Meine Mutter rief um 12 Uhr an, und ich wusste, dass ich sofort handeln musste“, erinnert sich Arseny. Mit einem Flug nach Jerewan begann sein Abenteuer im Exil.
Die Schätzungen über die Anzahl der geflüchteten Russen variieren, doch die Rückkehrer sind unübersehbar. Anastasia Burakova, Menschenrechtsanwältin und Gründerin der Anti-Kriegs-Initiative Kovcheg, berichtet, dass „vielleicht etwa zwei Millionen Menschen das Land verlassen haben“. Viele von ihnen haben jedoch Schwierigkeiten, sich im Ausland zurechtzufinden und kehren zurück in die Heimat.
Die Herausforderungen des Exils
Die ersten Monate im Ausland waren für viele eine Herausforderung. Artur, ein IT-Arbeiter aus St. Petersburg, verließ Russland am 24. Februar 2022, als der Krieg begann. „Ich hatte ein offenes Schengen-Visum und konnte schnell in die EU reisen“, erzählt er. Doch die Realität im Exil war hart: „Die Lebenshaltungskosten waren hoch, und ich vermisste meine Freunde, meine Familie und sogar meine Katze.“
Die Rückkehr nach Russland scheint für viele eine verlockende Option zu sein. Arseny kehrte im Dezember 2023 zurück, nachdem er über ein Jahr im Ausland verbracht hatte. „Ich hatte kein Geld mehr und fand keinen Job“, erklärt er. Die Schwierigkeiten, eine neue Existenz aufzubauen, waren überwältigend. „In Russland war es einfach, einen Job zu finden, während ich im Ausland oft auf Hindernisse stieß.“
Burakova weist darauf hin, dass viele der Auswanderer gut ausgebildet und privilegiert sind, was die Rückkehr noch dramatischer macht. „Es gab zwei große Wellen der Migration: Die erste nach Kriegsbeginn, die zweite nach der Mobilmachung“, erklärt sie. „Die meisten dieser Menschen sind apolitisch und versuchen, sich aus dem politischen Geschehen herauszuhalten.“
Ein neues Leben in der Heimat?
Die Rückkehrer sind nicht nur auf der Suche nach einem besseren Leben, sondern auch nach einem Gefühl der Normalität. Artur hat die Hoffnung, dass die Situation in Russland sich stabilisiert. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich verfolgt werde, solange ich meine Meinung nicht laut äußere“, sagt er. „Die Gesellschaft ist müde vom Krieg, und viele Menschen um mich herum sind sich einig, dass der Konflikt beendet werden muss.“
Die Rückkehr in die Heimat bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. „Die Preise sind gestiegen, und das Leben ist nicht einfach“, gibt Arseny zu. „Aber es fühlt sich besser an, wieder hier zu sein, auch wenn ich meine Ansichten nicht offen äußern kann.“
Die Rückkehrer stehen vor der Frage: Ist das Leben in Russland trotz aller Schwierigkeiten besser als das Leben im Exil? Die Antwort bleibt ungewiss, doch eines ist klar: Die Sehnsucht nach Heimat und Normalität ist stark.