Waldshut

Kirchenschließungen in Baden-Württemberg: Wohin mit den alten Gotteshäusern?

In der evangelischen Kirche in Dogern müssen alle religiösen Gegenstände mit einem Kreuz entfernt werden. Dies kündigte die Vize-Kirchengemeinderatsvorsitzende Jenny Lohrer an. Die Entscheidung resultiert aus der Tatsache, dass die Kirche von den rund 300 Mitgliedern nicht mehr genutzt wird. Obwohl es viele Ideen für die zukünftige Nutzung des Gebäudes gibt, steht bislang kein konkreter Plan fest.

Ein Grund für die Schließung der Kirche ist die Abwanderung von Gläubigen, da Protestanten und Katholiken vermehrt aus der Kirche austreten. Zusätzlich haben die Kirchen in Baden-Württemberg mit finanziellen Problemen zu kämpfen und sehen sich gezwungen, Geld zu sparen und sich von Gebäuden zu trennen. Die Denkmalschutzauflagen erschweren oft den Verkauf oder die Umnutzung vieler Kirchen. In den letzten fünf Jahren wurden in den Landeskirchen und Diözesen im Südwesten bereits 13 Kirchen entwidmet.

Aktuelle Herausforderungen und Umnutzungsmöglichkeiten

Derzeit werden rund 640 Kirchen und etwa 60 Sakralräume von der Evangelischen Landeskirche Baden genutzt, während die Evangelische Landeskirche Württemberg etwa 1500 Kirchen unterhält, von denen viele denkmalgeschützt sind. So gab es bereits erfolgreiche Beispiele für Umnutzungen, wie die Christuskirche in Reutlingen, die in ein diakonisches Zentrum umgewandelt wurde, sowie die Johanneskirche in Wendlingen, die abgerissen und durch ein Wohnprojekt ersetzt wurde.

Die Architektin Stefanie Lieb führt aus, dass Kirchengebäude gut für soziale Umnutzungen geeignet sind. Schätzungen zufolge könnten in den kommenden Jahrzehnten bundesweit mindestens 30 Prozent aller Kirchen profaniert werden, insbesondere Nachkriegskirchen. In der Erzdiözese Freiburg gibt es noch rund 2000 genutzte Kirchen und Kapellen, während in den letzten fünf Jahren hier etwa 10 Kirchen aufgegeben wurden. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart sind derzeit noch rund 2400 Sakralgebäude in Nutzung, davon 1400 Kirchen.

Bei den aufgegebenen Kirchen ist es meist das Ziel, eine soziale oder karitative Nutzung anzustreben. Angesichts der rückläufigen finanziellen Mittel wird es zunehmend unausweichlich, dass weitere Kirchenschließungen folgen müssen. Der Unterhalt von Kirchen bindet erhebliche finanzielle Ressourcen, sodass die Evangelische Kirche in Baden plant, weitere Gebäude abzustoßen, dabei jedoch bevorzugt kirchliche Nutzungen für die aufgegebenen Kirchen anstrebt.

Die Problematik der zukünftigen Nutzung von Kirchen wird nicht nur in Dogern diskutiert. Seit 30 Jahren stehen Kirchenumbauten in Deutschland im Fokus, ein Prozess, der nachweislich seit dem Mittelalter existiert. Historische Säkularisationsprozesse führten schon in der Vergangenheit zu einer vermehrten Umnutzung von Kirchen. Die Multifunktionalität und Umnutzung von Gebäuden sind in der Architektur verbreitet, wobei Transformationen oft auf die Erhaltung der Gebäudesubstanz abzielen.

In den letzten 20 Jahren ist ein Anstieg der Säkularisation bei Kirchenbauten zu verzeichnen, mit einem Anstieg von 1,4% im Jahr 2012 auf 4% im Jahr 2022, was auf eine Hochrechnung von 20% in den nächsten zehn Jahren hinweist. Der Mitgliederschwund und die sinkenden Kirchensteuereinnahmen stellen Herausforderungen für beide großen Kirchen dar.

Die Diskussion über den zukünftigen Stellenwert von Kirchen in der Gesellschaft zeigt sich an verschiedenen Beispielen erfolgreicher Transformationen, wie etwa der ehemaligen katholischen Erlöserkirche in Aachen, die zu einem Kirchenkolumbarium umgebaut wurde. Auch die Notwendigkeit, die Potenziale von Kirchenräumen zu entdecken und Transformationsprozesse zu wagen, wird weiterhin thematisiert. In einem breiteren Kontext sind Kirchenräume für ihre spezifischen liturgischen Merkmale bekannt und werden sowohl aus theologischer als auch aus architektonischer Perspektive betrachtet.