
In Lohmar wurde das erste Geburtshaus im Rhein-Sieg-Kreis eröffnet. Die Hebamme Nicole Emma Sassenscheid eröffnete vor neun Monaten das Geburtshaus in Honsbach, das Frauen eine warme und einladende Umgebung für ihre Entbindungen bietet. Ausgestattet mit einem heimeligen Raum mit Holzdielen, einem breiten Bett, Sitzelementen und einem niedrigen Tisch sowie einer Badewanne für drei Personen, verspricht das Geburtshaus eine individuelle und entspannte Atmosphäre für werdende Mütter.
Das Geburtshaus bietet zudem einen speziellen Hocker, Gymnastikbälle und Equipment für natürliche Geburten. Eine der besonderen Eigenschaften ist die Freiheit der Frauen, Begleitpersonen mitzubringen. Neben der Geburt zum Wohlfühlen sind auch Küche, Esszimmer und Schlafzimmer in die Räumlichkeiten integriert. Sassenscheid, Mutter von vier Kindern, hat eine spannende berufliche Laufbahn hinter sich: Ihre Ausbildung zur Hebamme war anfänglich nicht möglich, da ihre Eltern ein Studium für sie wünschten. Ihr Weg führte sie über den sozialen Dienst und die Arbeit in einer Kölner Hebammenpraxis schließlich zur Selbstständigkeit mit Spezialisierung auf Hausgeburten.
Hohe Sicherheit bei außerklinischen Geburten
Die Schwangeren haben die Möglichkeit, bis zur letzten Minute zu entscheiden, wo sie entbinden möchten – sei es im eigenen Zuhause, im Geburtshaus oder in einer Klinik, die nur 15 Minuten entfernt in Bergisch Gladbach-Bensberg erreichbar ist. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eine hohe Sicherheit bei außerklinischen Geburten, und Sassenscheid arbeitet regelmäßig mit ihrer Kollegin Nilüfer Ghanem zusammen. Im Durchschnitt werden in ihrer Praxis 120 Geburten pro Jahr registriert, und die Rettungsdienste müssen selten alarmiert werden. Frauen berichten von positiven Erfahrungen und weniger Angst bei ihrem Geburtserlebnis.
Die Vergütung durch die Krankenkassen erfolgt über eine Pauschale für jede Geburt, zuzüglich Kosten für die Rufbereitschaft der Hebammen. In der Region sind zwei weitere Geburtshäuser in Planung: eines wird im ehemaligen St.-Josef-Hospital in Troisdorf eröffnet, während das andere in Königswinter mit baulichen Herausforderungen konfrontiert ist. Derzeit steht den Frauen im Rhein-Sieg-Kreis nur eine Geburtsstation im St. Johannes Krankenhaus in Troisdorf-Sieglar zur Verfügung, nachdem frühere Geburtsstationen in der Kinderklinik Sankt Augustin und im Siegburger Krankenhaus geschlossen wurden.
Obwohl in Deutschland nur 2 % aller Geburten nicht in einem Krankenhaus stattfinden, zeigen Studien, dass viele Frauen die Vorzüge der außerklinischen Geburtshilfe schätzen. Verteidiger dieser Geburtsformen argumentieren für weniger medizinische Interventionen und einen geringeren Verbrauch an Schmerzmitteln. Eine Metaanalyse von 2019 kam zu dem Ergebnis, dass es bei geplanter Hausgeburt kein höheres Risiko für kindliche Todesfälle im Vergleich zu klinischen Geburten gibt, was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt. In den Niederlanden hingegen ist die Hausgeburtsrate mit 20-25 % wesentlich höher.
Die Debatte über die Sicherheit von außerklinischen Geburten ist kontrovers. Kritiker befürchten höhere Komplikationsrisiken aufgrund fehlender Überwachung, während Befürworter auf die Eins-zu-Eins-Betreuung in vertrauter Umgebung aufmerksam machen. Zudem betonen Berichte, dass 94,2 % der Mütter nach der Geburt keine Probleme hatten und die kindliche Sterblichkeitsrate bei außerklinisch geplanten Geburten 0,16 % beträgt.