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Fachkräftemangel: Wie der Arbeitsmarkt sich in den nächsten Jahren wandelt!

Der deutsche Arbeitsmarkt ist derzeit von einem paradoxen Zustand geprägt: steigende Arbeitslosigkeit und gleichzeitig Rekordbeschäftigung. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), erläuterte die Herausforderungen der aktuellen Situation. Laut den neuesten Informationen sind die Einstellungschancen für Arbeitsuchende momentan sehr gering. Während es im Jahr 2024 einen neuen Beschäftigungsrekord gegeben hat, ist das Arbeitsvolumen der abhängig Beschäftigten gestiegen, allerdings mit abnehmenden Zuwächsen.

Aktuell sind fast 640.000 Stellen unbesetzt, und nach einer IAB-Befragung gibt es im vierten Quartal 2024 sogar 1,4 Millionen offene Stellen. Obwohl die Zahl offener Stellen seit 2022 gesunken ist, liegt sie höher als noch 2017. Gleichzeitig gibt es ein erhebliches Arbeitszeitproblem: Die Teilzeitquote ist gestiegen, während die Vollzeitbeschäftigung rückläufig ist. Besonders auffällig ist die hohe Beschäftigungszahl bei Menschen mit Migrationsgeschichte und Geflüchteten, wobei die Beschäftigungsquote geflüchteter Frauen niedrig bleibt. Diese Frauen sehen sich oft mit Betreuungsaufgaben konfrontiert, die ihre Integration in den Arbeitsmarkt erschweren. Im Gegensatz dazu sind Ukrainerinnen im Durchschnitt höher qualifiziert und besitzen bessere Erwerbschancen, jedoch bleibt auch hier die Kinderbetreuung ein zentrales Problem.

Prognosen und Herausforderungen

Das Bürgergeld kann als Anreiz wirken, nicht sofort eine Beschäftigung aufzunehmen, was zu Diskussionen über mögliche Missbräuche führt, jedoch fehlen quantitative Belege dafür. Es wird betont, dass Sanktionen zur Sicherstellung der Mitwirkung wichtig sind, aber nicht die einzige Lösung darstellen. Ein zentrales Problem bleibt, dass die Anforderungen an offene Stellen oft nicht zu den Qualifikationen der Arbeitsuchenden passen. Geringe regionale Mobilität und Wohnraummangel erweisen sich als Hindernisse für Jobwechsel.

Der Fachkräftemangel wird voraussichtlich zunehmen, insbesondere durch die Verrentung der Babyboomer. Die Arbeitslosigkeit soll leicht steigen, mit einer IAB-Prognose von etwa 6,3 % im Jahresdurchschnitt 2024. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz werden die Berufswelt verändern, jedoch ist keine Massenarbeitslosigkeit zu erwarten. Zukünftige Arbeitskräfte benötigen vor allem Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Techniken, Kommunikation und Teamarbeit. Daher sollten junge Menschen frühzeitig Berufsorientierung und praktische Erfahrungen sammeln.

Das Fachkräftemonitoring des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) spielt eine zentrale Rolle in der Analyse der Arbeitsmarktströme von Angebot und Bedarf für die Jahre 2024 bis 2028. Es schätzt Fachkräftebedarfe sowie Engpässe und Überschüsse in verschiedenen Berufsgruppen. Diese Analyse berücksichtigt verschiedene Einflussfaktoren wie Digitalisierung, Klimawandel, Covid-19-Pandemie und den Ukraine-Konflikt. Ein wissenschaftlicher Projektbeirat unterstützt die ständige Weiterentwicklung dieses Analyseinstruments.

In den Bereichen, in denen Engpässe oder Überhänge von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage entstehen können, werden Fokusberufe identifiziert. Es ist zu beobachten, dass die Erwerbspersonenanzahl insgesamt kleiner wird, was durch Zuwanderung und eine höhere Erwerbsneigung nicht vollständig kompensiert werden kann. Der demografische Wandel hat direkte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, wobei die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer in Engpassberufen verbessert wird.

Zusätzlich haben steigende Baupreise und Zinsen die Wachstumsaussichten im Baugewerbe eingeschränkt. Die Zahl der Selbstständigen hingegen nimmt ab, was potenzielle Unternehmensnachfolgen und Neugründungen gefährdet. Eine steigende Zahl von Personen ohne Abschluss wird in den nächsten fünf Jahren auf den Arbeitsmarkt strömen, während nur eine geringere Anzahl an Helferstellen zur Verfügung steht. Hohe Abbruchquoten in Bildungseinrichtungen, insbesondere bei Personen ausländischer Nationalität, stellen eine zusätzliche Herausforderung dar.

Vor diesem Hintergrund wurden Szenarien zur Erhöhung des Arbeitskräftepotenzials analysiert, die unterschiedliche Gruppen wie Frauen, Ältere, nichtdeutsche Staatsangehörige und Wunscharbeitszeiten berücksichtigen. Die Herausforderungen am Arbeitsmarkt werden durch Passungsprobleme, den Strukturwandel und den demografischen Wandel verstärkt, während regionale Unterschiede die Fachkräfteengpässe in strukturschwachen Regionen erhöhen könnten, wie verschiedene Berichte belegen.