
Nachdem die Ampel-Koalition auseinandergebrochen ist, drängt die Union darauf, die Machtübertragung in Deutschland zu vollziehen. Der CDU-Chef Friedrich Merz wird am Morgen im Bundestag für das Amt des Bundeskanzlers kandidieren. Dies erfolgt genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der vorherigen Regierungskoalition. Die schwarz-rote Koalition von CDU, CSU und SPD verfügt über ein dünnes Polster von 12 Stimmen zur erforderlichen Kanzlermehrheit von 316 Stimmen.
Merz und der SPD-Chef Lars Klingbeil äußern sich zuversichtlich, dass alle Abgeordneten für ihre Kandidatur stimmen werden. Bei einem möglichen Scheitern im ersten Wahlgang könnten weitere Wahlgänge stattfinden. Falls Merz erfolgreich gewählt wird, plant der neue Bundeskanzler, zusammen mit 17 Ministerinnen und Ministern am Nachmittag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt und im Bundestag vereidigt zu werden.
Geplante Kabinettssitzung und Bekämpfung von Herausforderungen
Die erste Kabinettssitzung ist für den Abend angesetzt, während die neue Regierung bereits konkrete Pläne hat, 25 Sonderbeauftragte abzubauen. Zu den betroffenen Bereichen gehören unter anderem die Radverkehrspolitik sowie die feministische Außenpolitik. Alexander Dobrindt, der designierte Innenminister, hat angekündigt, die Grenzkontrollen zu verschärfen und die Zahl der Zurückweisungen zu erhöhen. Diese Maßnahmen stoßen in den Nachbarländern auf Widerstand. Merz wird am selben Tag auch Antrittsbesuche in Frankreich und Polen absolvieren.
Im Zuge des Regierungswechsels wurde Olaf Scholz nach 1.245 Tagen im Amt mit einem Zapfenstreich verabschiedet, bei dem Stücke von den Beatles und Johann Sebastian Bach gespielt wurden. Christian Lindner, ein prominenter Politiker aus der scheidenden Koalition, nahm aus Gründen väterlicher Pflichten nicht an der Verabschiedung teil. Scholz selbst beschreibt den Regierungswechsel als Teil der „demokratischen Normalität“ und plant, als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag zu bleiben.
Die Bilanz der Ampel-Koalition, die unter Scholz regierte, umfasst über 450 konkrete Regierungsvorhaben. Zu den erfolgreich umgesetzten Reformen zählen das Bürgergeld, das die Hartz IV-Regelungen ersetzt, und Maßnahmen zur beschleunigten Energiewende, bei denen ein schneller Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Aufbau einer Flüssiggasinfrastruktur zur Ersetzung russischer Erdgaslieferungen ermöglicht wurden, wie Tagesschau berichtete.
Zusätzlich wurden wichtige Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht vorgenommen, die unter anderem eine beschleunigte Einbürgerung ermöglichen. Es gab auch Fortschritte in der Legalisierung von Cannabis und in der Bereitstellung eines 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr. Trotz dieser Erfolge plant die Union, mögliche Anpassungen an den Gesetzen der Ampel-Koalition vorzunehmen, wenn sie die Regierungsverantwortung übernimmt.