
Die steigende Zahl der Ausbildungsabbrüche in Deutschland sorgt für Besorgnis. Petra Callwitz, die Leiterin der Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit für die Landkreise Weilheim-Schongau, Starnberg und Garmisch-Partenkirchen, berichtet über die aktuellen Herausforderungen bei der Berufswahl junger Menschen. Fast jeder zweite Auszubildende bricht seine Lehre vorzeitig ab, wie eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, die die Abbrecherquote von 2005 bis 2020 untersucht.
Die wirtschaftlichen Bedingungen waren zwischen 2005 und 2010 stabil, doch die erste Flüchtlingswelle 2015 brachte viele junge Zuwanderer, die oft Schwierigkeiten hatten, die Anforderungen des dualen Ausbildungssystems zu erfüllen. Die Corona-Pandemie im Jahr 2020 stellte zusätzliche Herausforderungen dar. Callwitz hebt hervor, dass viele Jugendliche, insbesondere aus Familien mit Migrationshintergrund oder psychischen Problemen, Schwierigkeiten haben, sich für einen Beruf zu entscheiden.
Einflussfaktoren auf Ausbildungsabbrüche
In ihrer Analyse stellt Callwitz fest, dass Eltern oft das Beste für ihre Kinder wollen, jedoch deren Interessen aus den Augen verlieren, was zu einem Anstieg der Ausbildungsabbrüche führen kann. Um dem entgegenzuwirken, sieht sie die Notwendigkeit, den Druck bei der Berufswahl zu reduzieren. Praktika, auch in den Ferien, sind eine wichtige Möglichkeit, um den Jugendlichen zu helfen, ihre Interessen zu erkunden. Zudem sollten Betroffene bei Unsicherheiten nach Beginn einer Ausbildung Beratung suchen, um mögliche Alternativen zu finden.
Die Abbrecherquote lag vor 20 Jahren zwischen 3,8 und 17 Prozent, während im Jahr 2020 die niedrigste Quote in Eichstätt mit 11,3% und die höchste in Pirmasens mit 42,5% zu verzeichnen war. Im Landkreis Weilheim-Schongau betrug die Abbrecherquote etwa 17%, was niedriger ist als in Starnberg und Garmisch-Partenkirchen. Dabei korreliert die Wirtschaftskraft einer Region direkt mit der Ausbildungsabbruchquote: In Regionen mit höherer Wirtschaftskraft sind die Abbrecherquoten in der Regel niedriger.
Wie das Skills Magazin berichtet, haben Ausbildungsabbrüche gravierende negative Auswirkungen auf die betroffenen Jugendlichen, darunter unstete Berufsbiografien und ein höheres Risiko für Arbeitslosigkeit. Betriebe verlieren zudem ihre Investitionen in die Ausbildung. Eine gravierende Herausforderung ist auch der verschärfte Fachkräftemangel, insbesondere in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit. Hier lassen sich auch deutlich höhere Abbruchquoten erkennen.
Die Branchenstruktur spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Abbruchquoten: Die niedrigsten Quoten finden sich in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie im Handwerk, während die höchsten im Bildungsbereich und bei Dienstleistungsberufen wie Friseurhandwerk und Gastronomie zu verzeichnen sind. Damit sind junge Menschen in strukturschwachen Regionen betroffen, die nach einem Ausbildungsabbruch oft schlechtere Chancen auf neue Ausbildungsstellen haben.
Die Erkenntnisse der Studie fordern wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Situation, wie den Ausbau der Berufsberatung in Regionen mit vielen Berufsfachwechseln und die Aufklärung über den langfristigen Wert einer abgeschlossenen Ausbildung.