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Am 17. Januar 2025 diskutierte der Finnland-Experte und Lehrer Petteri Möhwald in der Gebhardschule in Konstanz über das finnische Bildungssystem. Die Veranstaltung wurde vom Kreisverband Konstanz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) organisiert und bot zahlreiche Einblicke in die Vorteile des finnischen Schulsystems, das international für seine hohe Qualität bekannt ist.
Möhwald, der sich intensiv mit dem finnischen Bildungssystem beschäftigt und Fortbildungen im Rahmen des Erasmus-Programms organisiert, betonte, dass das finnische System viele Aspekte aufweise, die positive Veränderungen im deutschen Bildungssystem anstoßen könnten. Die Gemeinschaftsschule Gebhard hat bereits einige Elemente des finnischen Systems angeschlossen, einschließlich des gemeinsamen Lernens von Schüler*innen unterschiedlicher Bildungsniveaus sowie der Verwendung von Berichten über Verhalten und Leistung anstelle von Ziffernnoten.
Aspekte des finnischen Schulsystems
Das finnische Bildungswesen hat seit den 1960er- und 1970er-Jahren eine umfassende Umstellung durchlaufen und eine Gesamtschule als einzige Schulform etabliert. In Finnland lernen alle Schüler*innen bis zum ersten Bildungsabschluss, der nach der neunten oder zehnten Klasse abgelegt wird. In der Grundschule, die sechs Jahre dauert, unterrichtet eine Lehrperson möglichst alle Fächer. Anschließend besuchen die Schüler*innen eine weiterführende Schule, die eine hohe Fachlichkeit anstrebt. Ungefähr 40% der Schüler*innen setzen ihre Ausbildung in der gymnasialen Oberstufe fort, während etwa 60% eine Berufsschule besuchen, was im Kontrast zu Deutschland steht, wo bereits nach vier Schuljahren eine frühzeitige Auswahl stattfindet.
Lehrkräfte in Finnland genießen ein hohes gesellschaftliches Ansehen, was mit dem anspruchsvollen Auswahlverfahren für das Lehramtsstudium zusammenhängt. Dieses Verfahren umfasst Multiple-Choice-Tests und Interviews, die die Motivation der Lehramtsanwärter prüfen. Auch der finnische Sozialstaat unterstützt Bildungseinrichtungen durch Investitionen in Schulen, Kindertagesstätten und außerschulische Bildungseinrichtungen sowie Gesundheitszentren, die besonders für Eltern mit kleinen Kindern von Bedeutung sind.
Wie Schulflix berichtete, wird Bildung in Finnland als wertvoll und als Recht für jeden angesehen. Es gibt eine gemeinsame Schule für Schüler:innen von der ersten bis zur neunten Klasse, wobei die Selektion der Schüler:innen erst mit etwa 15 Jahren erfolgt. Diese späte Selektion fördert eine längere persönliche Entwicklungszeit, während individuelle Berufs- und Studienberatung zwischen der 7. und 9. Klasse angeboten wird.
Ein weiteres Merkmal des finnischen Schulsystems ist die Unterstützung leistungsschwacher Schüler:innen durch multiprofessionelle Teams wie Sonderpädagog:innen und Schulpsycholog:innen. Ebenso werden flexible Schulbücher verwendet, die sowohl Grund- als auch Vertiefungsaufgaben anbieten. Der Lehrplan umfasst sieben Kernkompetenzen, die unter anderem „Denken und Lernen lernen“, kulturelle Bildung und digitale Kompetenzen beinhalten. Dies bringt besondere Unterschiede zum deutschen System mit sich, wie die später einsetzenden Schulnoten und die stärkere Berücksichtigung von Lebenskompetenzen im Lehrplan.
Möhwald appellierte während der Veranstaltung an die Lehrkräfte, entspannt zu sein und sich Zeit für die Schüler:innen zu nehmen, ohne konkrete Lösungen zur Verbesserung des Schulsystems anzubieten. In der Diskussion über die gesellschaftspolitischen Aspekte des Bildungssystems trat deutlich hervor, dass die Finnland-Expertise inspirierende Impulse für das deutsche Bildungssystem liefern kann.