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Ein internationales Forschungsteam hat das Erbmaterial von Lungenfischen analysiert, einem als „lebende Fossil“ bezeichneten Tier, das in Afrika, Südamerika und Australien vorkommt. Die Forscher unter der Leitung von Axel Meyer (Universität Konstanz) und Manfred Schartl (Universität Würzburg) haben das Genom der verschiedenen Lungenfisch-Arten entschlüsselt, wobei sie die beeindruckende Größe dieser Genome entdeckten.
Lungenfische besitzen das größte Genom aller bekannten Tiere. Der südamerikanische Lungenfisch hat dabei mit über 90 Milliarden Basen die größte Genomgröße. Zum Vergleich: Seine DNA ist mehr als dreißigmal so groß wie die des Menschen. Diese Basen fungieren als die grundlegenden Bausteine der DNA und kodieren die Erbinformation.
Forschung zur Eroberung des Festlands
Wie die Universität Würzburg berichtete, beabsichtigt das Forschungsteam, mit dieser Arbeit ein besseres Verständnis der Eroberung des Festlands durch die Vorfahren der Landwirbeltiere zu erlangen. Zeitlich wird diese Entwicklung in das späte Devon datiert, etwa 380 bis 360 Millionen Jahre in der Vergangenheit. Die Fleischflosser, als Vorfahren der Lungenfische gelten, nutzten ihre Flossen, um an Land zu gelangen. Somit sind Lungenfische die nächsten lebenden Verwandten der ersten Landwirbeltiere, auch bekannt als Tetrapoden.
Heute sind nur drei Linien von Lungenfischen bekannt, wobei sich ihre Verbreitung in Australien, Afrika und Südamerika erstreckt. Die vollständige Sequenzierung der Genome wurde erstmals für den südamerikanischen Lungenfisch (Lepidosiren paradoxa) und den afrikanischen Lungenfisch (Protopterus annectens) durchgeführt, während die Genome des australischen Lungenfisches (Neoceratodus forsteri) bereits 2021 vollständig sequenziert wurden. Der südamerikanische Lungenfisch besitzt zudem 18 der 19 Chromosomen, die größer sind als das menschliche Genom.
Eine weitere interessante Entdeckung dieser Forschung ist, dass das Wachstum des Lungenfischgenoms durch autonome Transposons verursacht wird und dass die Expansionsrate des Genoms des südamerikanischen Lungenfischs die schnellste bekannte ist, da es alle 10 Millionen Jahre um die Größe des menschlichen Genoms wächst. Transposons sind weiterhin aktiv, während der Gehalt an piRNAs, die normalerweise die Ausbreitung von Transposons begrenzen, niedrig ist. Trotz alledem bleibt das Genom der Lungenfische stabil und die Genanordnung konservativ.
Die Rekonstruktion des Chromosomensatzes (Karyotyp) des Ur-Tetrapoden wird durch den Vergleich der Lungenfischgenome ermöglicht. Diese Vergleiche erlauben außerdem Rückschlüsse auf genetische Unterschiede zwischen den Arten. Während der australische Lungenfisch gliedmaßenähnliche Flossen aufweist, haben andere Lungenfische fadenförmige Flossen entwickelt, was auf Veränderungen im Shh-Signalweg zurückzuführen ist. Die vollständigen Genomsequenzen aller Lungenfischarten werden zukünftige genetische Vergleichsstudien ermöglichen.
Die Ergebnisse dieser Forschung wurden ursprünglich in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie dem Next Generation Sequencing Kompetenznetzwerk (NGS-CN) gefördert.