An einem kalten Wintermorgen in Augsburg wird die zunächst ruhige Szene an der unscheinbaren Flüchtlingsunterkunft an der Proviantbachstraße jäh durch dramatische Ereignisse auf den Kopf gestellt. Ali al-G., ein Asylbewerber aus dem Irak, wird von der Polizei festgenommen, da der Verdacht besteht, dass er Verbindungen zum „Islamischen Staat“ unterhielt und einen Anschlag auf den Christkindlesmarkt plante. Zeugen beschreiben ihn als jemanden, der weder viel Preis gab noch mit Andeutungen Aufmerksamkeit erregte. Ein typisches Szenario, ganz im Stil von „Ich weiß nichts, ich sag’ nichts“, begleitend von den eindringlichen Blicken fragwürdiger Sicherheitskräfte, die entscheiden, was für die Außenwelt über die hohen Mauern der Unterkunft erlaubt ist zu dringen.
Erinnerungen an Solingen werden wach, als der Syrer Issa al-Hassan durch die Altstadt schlich, um wenig später drei Menschen beim „Festival der Vielfalt“ zu töten. Es sind Szenen, die Schock und Entsetzen in der Bevölkerung auslösen. Solches Verhalten lässt Betroffene zurück, die sich fragen: Woher kam dieser Hass? Wie konnte er unbemerkt so eskalieren? Spannungen und Eskalationen solcher Art sind keine Einzelfälle. Während die Dunkelziffer der Gewalt in den Wänden solcher Unterkünfte wächst, bleibt das Schweigen das einzige greifbare Echo. WELT AM SONNTAG berichtet eindrucksvoll über die dramatischen Zustände und machte die Stimmen von Zeugen hörbar, die verstummen, wenn sie das Asylheim verlassen. Silke Bachmann erfuhr von einem beängstigenden Vorfall in der Flüchtlingsunterkunft am Flughafen Tegel in Berlin, wo das Leid unentwegt weitergeht.
Einblick in die Abgründe der Unterkünfte
Reiches Potenzial für Radikalisierung schlummert in diesen Unterkünften, wie WELT AM SONNTAG unterstrich. Bewohner beschreiben brutale Schikanen, die wohl kalkuliert und teils aus einer fanatischen Ideologie geboren sind. Eine abgeschottete Welt, in der der Hass oft im Stillen gesät wird. Gerade die sozialen Medien sind ein nicht zu unterschätzendes Werkzeug der Radikalisierung; sie entfachen den Feuersturm, den diese Menschen in ihren Seelen tragen. Sie finden dort die Speerspitzen ihrer Bürgerkriegsrealität verlockend wieder und saugen die auf Hetze getrimmten Botschaften auf.
Diese erschreckende Erkenntnis teilen nicht nur diejenigen, die in der Vergangenheit durch ihre Entschlossenheit, die Wahrheit aufzudecken, hervorgetreten sind, sondern auch die Experten, die seit Jahren auf die wachsende Gefahr aufmerksam machen. Die beängstigende Regelmäßigkeit, mit der Radikalisierung unter den Bewohnern der Unterkünfte verläuft, ist weitreichend und durchdringt, indem immer mehr Menschen ohne wahre Perspektive zurückbleiben. Es ist ein Zustand des alarmierenden Stillstands, dessen Lösung bislang ungelöst bleibt. Diese Geräusche des Kampfes schallen laut durch die geschlossenen Flure der deutschen Asylsysteme. Eine Abriegelung, die für viele zur brutalen Gefängniserfahrung wird.
Was wird dagegen unternommen?
Die Frage bleibt brennend, was unternommen wird, um das Geschehen in den Griff zu bekommen. Die Behörden richten den Blick ins Leere, zumindest was die Berichte aus den Einrichtungen wie der in Tegel untermauern. Obwohl überall Schulungen stattfinden und Programme laufen sollen, fühlen sich viele Asylsuchende hingegebenen Schikanen ausgesetzt, und das nicht nur von Mitbewohnern, sondern auch von jenen, die ihre Sicherheit gewährleisten sollen.
Eine Sicherheitskultur, die am Scheideweg operiert zwischen unzureichender Ressourcen und dem permanenten Gefühl, überrannt zu werden. Sicherheitskräfte sind oft nicht mehr als Marionetten, die ohne Bewaffnung im Schatten der Gefahr spielen müssen. Ihre Fälle von Vorführung oder einer fragwürdigen Berufung enden immer öfter in einem Dilemma, welches von Stadt zu Stadt schweigend akzeptiert wird. Auch wenn Veränderungen im Trend liegen, so bleiben die Ängste derer, die in den Fängen dieser Unterkünfte festgehalten werden, bestehen.
Die Zeit drängt und es ist längst keine Warnung mehr, sondern eine Tatsache, dass oftmals nur wenig dafür getan wird, die ursprünglichen Ursachen und den wachsenden Mut der Asylsuchenden zu adressieren, sich ihren Alpträumen entgegenzustellen. Viele von ihnen sahen in Deutschland einst das Versprechen eines Neuanfangs, nur um festzustellen, dass er in einem Flickenteppich aus Misstrauen, Angst und hasserfüllter Toleranz verloren ging. Eine Apokalypse, die endet, sobald der Mut über die Angst siegt – oder auch nicht.