
Am 16. Februar 2025 fand die Premiere von „Die Möllner Briefe“ auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin statt. Regisseurin Martina Priessner zitierte in ihrer Ansprache Ibrahim Arslan, der zusammen mit seinem Bruder Namik einen rassistischen Brandanschlag in Mölln überlebte. Bei diesem Vorfall am 23. November 1992 kamen ihre Schwester, Cousine und Großmutter ums Leben. Der Film thematisiert die tiefgreifenden Fragen, die sich aus dieser Tragödie ergeben, darunter, warum die betroffenen Familienlange nichts von den Beileidsbriefen wussten und von wem diese verfasst wurden.
Die Familie Arslan erhielt erst im Jahr 2019 Kenntnis von Hunderten von Briefe, die ihr nach dem Anschlag übersandt wurden. Martina Priessner beschreibt den Anschlag als Zäsur in ihrem Leben und behandelt in ihrem dokumentarischen Werk sowohl rechte Gewalt als auch Rassismus und den Umgang mit den Betroffenen. Die Briefe, die von der Stadt geöffnet und teilweise mit Formschreiben beantwortet wurden, haben die Familie jedoch nie erreicht. Der Film zeigt die Freude der Familie über die erhaltenen Briefe sowie die herzlichen Begegnungen mit den Briefschreibern.
Gedenken an die Opfer und der Filmerfolg
Möllns Bürgermeister Ingo Schäper und Archivar Christian Lopau übergaben die restlichen Briefe am 6. Oktober 2023 an die Familie. Schäper konnte zwar nicht zur Premiere nach Berlin reisen, beabsichtigt jedoch, den Film nach Sichtung zu bewerten. Die Produktion des Films dauerte etwa drei Jahre, währenddessen wurden 100 Stunden Filmmaterial in 20 Wochen bearbeitet. Mölln gedenkt jährlich der rassistischen Brandanschläge von 1992, während Ibrahim Arslan 2013 die „Möllner Rede im Exil“ initiierte, um die Perspektiven der Opfer zu stärken.
Am 30. Jahrestag der Brandanschläge im Jahr 2022 fand eine Gedenkveranstaltung mit verschiedenen Teilnehmern statt. Nach der Premiere von „Die Möllner Briefe“ gab es minutenlangen Beifall von den Familien der Opfer und anderen Anwesenden. Bürgermeister Schäper erklärte, er könne nicht nachvollziehen, warum die Briefe so lange im Archiv verweilten, wehrte sich jedoch gegen Vorwürfe, die Stadt habe etwas vorenthalten. Ibrahim Arslan betonte die Wichtigkeit, sich mit den Betroffenen von Anschlägen zu solidarisieren und deren Geschichten in den Vordergrund zu stellen. Der Film wird insgesamt viermal auf der Berlinale gezeigt und hat einen bundesweiten Kinostart im Herbst sowie eine geplante Vorführung in Mölln.
Die Brandanschläge in Mölln, die in der Nacht vom 22. auf den 23. November 1992 durch zwei rechtsextrem motivierte Angriffe verübt wurden, richteten sich gegen türkischstämmige Bewohner. In diesem Vorfall starben die 51-jährige Bahide Arslan sowie ihre Enkelinnen Ayşe Yilmaz (14 Jahre) und Yeliz Arslan (10 Jahre). Insgesamt wurden durch die Angriffe drei Menschen getötet und neun zum Teil schwer verletzt. Die Täter aus der Skinhead-Szene wurden bereits kurz nach der Tat festgenommen, wobei die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernahm. Michael P. wurde am 8. Dezember 1993 zu lebenslanger Haft wegen dreifachen Mordes verurteilt, während Lars C. eine Jugendstrafe von zehn Jahren erhielt. Beide Täter wurden jedoch vorzeitig aus der Haft entlassen, wobei Michael P. 2007 und Lars C. 2000 entlassen wurde.
Die rassistischen Brandanschläge von Mölln waren die ersten ihrer Art im wiedervereinten Deutschland mit Todesopfern und zogen weltweit Aufmerksamkeit nach sich. Sie führten auch zu Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in Deutschland, an denen über 10.000 Menschen teilnahmen. Diese Vorfälle waren Teil einer besorgniserregenden Zunahme rechtsextremer Gewalt in den 1990er Jahren, die ihren Ursprung in den Ausschreitungen in Hoyerswerda im September 1991 hat. Auch nach der Jahrtausendwende kam es zu zahlreichen rechtsextremen Anschlägen, die die wiederkehrende Problematik in der deutschen Gesellschaft unterstrichen.