
In den letzten Jahren hat das Konzept der gesundheitsfördernden Hochschulen in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Mehr als 2,9 Millionen Studierende und über 790.000 Beschäftigte an den Hochschulen sind auf gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen angewiesen. Aktuelle Berichte unterstreichen die Wichtigkeit der Integration von Gesundheit in alle Hochschulstrukturen, Prozesse und Entscheidungswege.
Eine neue Publikation des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung e. V. (HIS-HE) bietet einen umfassenden Überblick über die Fortschritte und Herausforderungen dieses Konzepts. Die Idee wurde ursprünglich in den 1990er Jahren in Großbritannien entwickelt und hat sich mittlerweile international etabliert. In Deutschland wird der Ansatz zunehmend populär, da gesundheitliche Belastungen, insbesondere unter dem wissenschaftsunterstützenden Personal, zunehmen.
Herausforderungen und Belastungen
Über 30.000 Hochschulmitarbeitende an 41 Hochschulen wurden im Rahmen des Bielefelder Fragebogens zu ihrer Gesundheit und ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Beschäftigten stark belastet sind, wobei Multitasking, fachliche Anforderungen und häufige Unterbrechungen als Hauptbelastungsfaktoren identifiziert wurden. Dennoch gibt es positive Aspekte: Der akademische Mittelbau ist überwiegend mit seiner Arbeit zufrieden und schätzt seine Gesundheit als positiv ein.
Dennoch sind die Belastungen durch zeitlich befristete Arbeitsverträge, unangemessene Bezahlung und unsichere Karrierewege spürbar. Die Datenlage zu den Beschäftigten ist dünn und wird häufig nur hochschulintern ausgewertet. Die ersten Auswertungen zeigen, dass gesundheitliche Belastungen in allen Bereichen zugenommen haben. Besonders Frauen berichten von stärkeren Belastungen als Männer.
Verbesserungsansätze und Netzwerke
Das Gesundheitsmanagement sollte ein integraler Bestandteil der Hochschulpolitik sein, integriert mit Qualitätsmanagement, Nachhaltigkeit und Diversity. Gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen können das Wohlbefinden, die Zufriedenheit sowie die Produktivität der Beschäftigten erhöhen. Dennoch stehen Hochschulen vor Herausforderungen wie begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen sowie unterschiedlichen Zuständigkeiten.
Zusätzlich zur Publikation arbeitet die Arbeitsgemeinschaft Gesundheitsfördernde Hochschulen (AGH) an der Vernetzung und dem Austausch über Gesundheitsförderung an Hochschulen. Regelmäßig werden Arbeitskreissitzungen organisiert, in denen aktuelle Trends und Themen diskutiert werden. Die AGH entwickelt Arbeitspapiere und Standards, wie beispielsweise zehn Gütekriterien für eine gesundheitsfördernde Hochschule, um strukturierte Vorgehensweisen zu fördern.
Die AGH sensibilisiert alle Akteur:innen, die an der Weiterentwicklung von gesundheitsförderlichen Strukturen an Hochschulen beteiligt sind. Dabei werden Studierende, Lehrende und Verwaltungsmitarbeitende aus über 150 Hochschulen eingebunden. Eine Kooperation mit regionalen und internationalen Netzwerken der gesundheitsfördernden Hochschulen fördert den Wissensaustausch und die Qualitätsentwicklung in diesem Bereich.
Die Herausforderung, gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen in den Hochschulen zu gewährleisten, erfordert weiterhin eine umfassende Betrachtung der Strukturen und eine aktive Mitwirkung aller Beteiligten. Dies ist entscheidend, um die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit der Hochschulmitarbeiter:innen zu sichern.