
Waltraut Koeppen, eine 95-jährige Zeitzeugin, blickt auf ihre Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs zurück. Am 22. Oktober 1943 lebte sie in der Wilhelmshöher Allee in Kassel, als die Stadt bombardiert wurde. Zu diesem Zeitpunkt war sie 14 Jahre alt und befand sich mit ihrer Mutter im Luftschutzkeller des Hauses. Eine Stabbrandbombe traf das Gebäude, das dabei teilweise beschädigt, aber nicht vollständig zerstört wurde. Waltraut erinnert sich noch gut an die schrecklichen Bilder von Leichen, die am Lutherplatz aufgestapelt waren.
Im Rahmen der Kinderlandverschickung wurde sie nach Melsungen geschickt. Dort durfte sie jedoch nur selten Kassel besuchen. Bei einem dieser Besuche erfuhr sie, dass eine Freundin bei einem Bombenangriff ihre Eltern verloren hatte und sie diese nie wieder sah. Nach dem Krieg kehrte sie mit ihrer Mutter nach Kassel zurück, nachdem sie in einem Ersatzquartier in Marburg untergekommen waren. Am 8. März 1945 wurde das Haus in der Wilhelmshöher Allee bei einem weiteren Großangriff auf Kassel komplett zerstört. Das Kriegsende erlebte sie in Marburg, wo die Amerikaner eintrafen und als Befreier wahrgenommen wurden. Nach dem Krieg arbeitete sie als Sportlehrerin an der Herderschule und lebt heute in Harleshausen. Sie betont die Wichtigkeit von Dankbarkeit und die Unterstützung durch soziale Verbände und Angehörige.
Die Bombennacht von Kassel
Kassel gedenkt der Bombennacht vom 22. Oktober 1943 mit Kranzniederlegungen und einem Gedenkgottesdienst in der Martinskirche. Um 20.17 Uhr warnten Sirenen die Bevölkerung von rund 225.000 Menschen vor dem bevorstehenden Angriff. Zwischen 20.49 Uhr und 21.11 Uhr griffen 444 alliierte Flugzeuge an und warfen 416.856 Brandbomben, 594 Sprengbomben und 288 Luftminen ab. In einigen Bereichen der Altstadt fielen bis zu zwei Brandbomben pro Quadratmeter. Der Feuerschein war aus über 50 Kilometer Entfernung sichtbar, und die Überreste brannten tagelang.
Nach dem Angriff waren 85 Prozent der Wohnungen und 65 Prozent der Industrieanlagen in Kassel zerstört. In der Altstadt wurden 97 Prozent der Fachwerkhäuser durch einen Feuersturm vernichtet. Die Opferzahlen sind erschreckend, mit bis zu 10.000 Toten und vielen Verletzten. Fast jeder Überlebende hatte Angehörige oder Freunde verloren. Die Bombardierung hinterließ die Stadt als Trümmerhaufen, und viele Menschen verloren ihr Hab und Gut, wie kassel.de berichtete.