
Italien geht im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt einen entscheidenden Schritt: Die italienische Regierung hat erstmals den Begriff Femizid in ihr Strafrecht aufgenommen. Dieser wird als eigenständiges Verbrechen definiert und kann mit lebenslanger Haft bestraft werden. Der Femizid bezeichnet Tötungsdelikte an Frauen, die in direktem Zusammenhang mit dem Geschlecht des Opfers stehen. Die Gesetzesänderung wurde kurz vor dem Internationalen Frauentag, der am 8. März gefeiert wird, vorgestellt.
Ein zentrales Ziel dieser Gesetzesänderung ist die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt in Italien. Neben dem Femizid sollen auch strafbare Delikte wie Stalking, sexuelle Gewalt und Rachepornografie künftig härter geahndet werden. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hob die Bedeutung des Gesetzes für den Schutz von Frauen hervor, was auch den öffentlichen Diskurs über dieses Thema anheizt.
Femizide und öffentliche Erinnerung
Im Park der Villa Sciarra in Rom steht eine knallrote Parkbank, die mit zwei Paaren rot lackierter Frauenschuhe und der Aufschrift „non una di meno“ (Deutsch: „Keine mehr“) versehen ist. Diese Installation erinnert an die Opfer von Femiziden und wurde erstmals 2009 von der mexikanischen Künstlerin Elina Chauvet in Juárez Chihuahua ausgestellt. Die Bewegung NUDM (non una di meno) in Italien dokumentiert Femizide, Lesbizide und Transzide sowie deren mediale Vermittlung.
Obwohl die Tötungsrate von Frauen aufgrund von Geschlechtergewalt in Italien niedriger ist als in vielen anderen europäischen Ländern, besteht Handlungsbedarf. Für das Jahr 2023 wurden in Italien 120 Femizide gemeldet, während Deutschland mit 360 Fällen weitaus höhere Zahlen aufweist. Der Mord an der 22-jährigen Studentin Giulia Cecchettin im November 2023 brachte das Thema Femizid in Italien verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Cecchettin wurde von ihrem Freund in einen Hinterhalt gelockt und erstochen, nachdem sie sich von ihm trennen wollte. Der Täter wurde in Deutschland gefasst und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Dieser Fall führte zu landesweiten Demonstrationen, bei denen in Rom eine halbe Million Menschen protestierten. In Reaktion auf die öffentlichen Forderungen kündigte Ministerpräsidentin Meloni einen Gesetzentwurf an, um Femizide als eigenständiges Verbrechen im Strafgesetzbuch zu verankern. Die geplante Regelung sieht vor, dass Femizide mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden können, ohne dass dabei erschwerende Umstände nachgewiesen werden müssen. Kritiker, darunter Opferorganisationen, weisen jedoch darauf hin, dass die Regierung sich zu sehr auf die Verschärfung von Strafen konzentriere und präventive Maßnahmen vernachlässige. Gino Cecchettin, der Vater von Giulia, betont die Notwendigkeit eines kulturellen Wandels neben den gesetzlichen Änderungen.