DeutschlandKempten (Allgäu)

Kempten gedenkt: 250 Jahre nach dem letzten Hexenprozess!

Der letzte Hexenprozess auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands endete vor 250 Jahren mit dem Urteil gegen Anna Maria Schwägelin. Am 8. April 1775 wurde in Kempten im Allgäu das Todesurteil gegen die damals 46-Jährige verkündet. Ihre Anklage lautete auf Hexerei, und der Richterspruch sah die Strafe des Todes durch das Schwert vor. Doch das Urteil wurde nie vollstreckt, und Schwägelin starb schließlich am 7. Februar 1781 im Gefängnis des Kemptener Stockhauses.

Anna Maria Schwägelin, geboren wahrscheinlich Anfang 1729 in Lachen bei Memmingen, wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sie war katholisch getauft am 13. Januar 1729. Ihre ersten Arbeiten als Magd übernahm sie vermutlich ab 1748 überwiegend in ländlichen Gegenden rund um Memmingen. 1751 lernte sie den Kutscher Martin Linck kennen, der eine Heiratsabsicht äußerte, sofern sie dazu bereit wäre, lutherisch zu werden. Schwägelin gab an, konvertiert zu sein, jedoch ohne entsprechende Belege vorlegen zu können.

Der Prozess und seine Hintergründe

Im Verlauf ihres Lebens berichtete Schwägelin von einer Begegnung mit dem Teufel, der sie in Gestalt eines Jägers aufforderte, Gott und die Heiligen zu verleugnen und mit ihm sexuelle Kontakte einzugehen. Aufgrund ihrer Erzählungen wurde sie 1775 von einer Mitinsassin im Armenhaus denunziert. Während der Verhöre gestand sie angeblich Vergehen, und der Richter befand: „Das crimen magiae ist außer allem Zweifel gesezet“. Obwohl das Todesurteil erlassen wurde, wurde die Hinrichtung, die ursprünglich für den 11. April 1775 geplant war, auf Befehl des Fürstabts aufgeschoben und anschließend nicht weiter verfolgt.

Die Prozessakten galten lange als verschollen, wurden allerdings in den 1990er Jahren entdeckt und ausgewertet. Ein Historiker stellte 1995 fest, dass das Urteil nicht vollstreckt wurde. Dies widerlegte die Annahme, dass Schwägelin hingerichtet worden sei. Wolfgang Petz entdeckte den Sterbeeintrag von Schwägelin im Sterbebuch der Pfarrei St. Lorenz.

Ehrungen und Gedenken

Die Nachwelt begann 1985 mit dem Gedenken an Anna Maria Schwägelin durch geschichtsbewusste Frauen. Im Jahr 2002 wurde in Kempten ein Brunnen zu ihren Ehren eingeweiht. 2018 kam eine Stele hinzu, die Informationen über ihr Leben und die Hexenprozesse bereitstellt. Auf dem Gedenkstein steht die Inschrift: „Erinnerung ist das Geheimnis der Vergebung“. Die Lebensgeschichte von Anna Maria Schwägelin wird auch in verschiedenen Publikationen behandelt, darunter Wolfgang Petz‘ Buch „Die letzte Hexe. Das Schicksal der Anna Maria Schwägelin“.