
Die finanzielle Situation der Kommunen in Deutschland ist laut aktueller Berichte besorgniserregend. Bürgermeister in Baden-Württemberg fordern vom Bund Unterstützung zur Stärkung der kommunalen Finanzen. Eine Umfrage des baden-württembergischen Gemeindetags zeigt, dass 81,5 Prozent der befragten Oberbürgermeister und Bürgermeister die Stärkung der Kommunalfinanzen als die wichtigste Aufgabe der neuen Bundesregierung ansehen. Von insgesamt 1.065 Mitgliedsstädten und -gemeinden haben 685 Kommunen – also über 50 Prozent – an der Umfrage teilgenommen.
Das Resultat dieser Umfrage bringt alarmierende Zahlen ans Licht: Im vergangenen Jahr verzeichneten die Kommunen ein Defizit von über drei Milliarden Euro in ihren laufenden Haushalten. Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags, fordert daher sofortige Gespräche über eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen. Er machte deutlich, dass die Kommunen einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern benötigen, um ihre finanzielle Lage zu stabilisieren.
Schwierige Haushaltslage der Städte
Die Probleme sind nicht nur auf Baden-Württemberg beschränkt. Eine Umfrage des Deutschen Städtetages verdeutlicht, dass sich die finanzielle Lage der Kommunen in Deutschland dramatisch verschlechtert hat. Demnach schätzen 95 Prozent der Städte ihre Haushaltslage in den nächsten fünf Jahren als eher schlecht oder sehr schlecht ein. Zudem können 37 Prozent der Städte keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen, während 47 Prozent dies nur durch Rückgriff auf finanzielle Rücklagen erreichen.
Markus Lewe, Präsident des Städtetags, bezeichnet die derzeitige Lage als eine „komplette Kehrtwende hin zum Schlechteren“ und erklärt, dass die Schwierigkeiten viele strukturelle Gründe haben, die nicht selbstverschuldet sind. So steigen beispielsweise die Sozialausgaben für Kinderbetreuung, Eingliederungshilfe und Pflegehilfe ohne Einfluss der Städte. Währenddessen übertragen Bund und Länder zunehmend Aufgaben an die Städte, ohne die nötige Finanzierung sicherzustellen.
Der Städtetag fordert, dass keine neuen, nicht finanziell gedeckten Aufgaben an die Städte weitergegeben werden, und plädiert für einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern, insbesondere der Umsatzsteuer. Zudem wird eine Reform der Schuldenbremse als erforderlich erachtet. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung warnt vor „handfesten Konsequenzen“ des Sparzwangs. Die Bürger spüren die schlechte Finanzlage in Form von Einsparungen bei Schwimmbädern, Sportvereinen, Bibliotheken, Museen und Schulen, was die Lebensqualität in den Städten gefährden könnte.
Die finanziellen Engpässe führen zudem dazu, dass Städte Bus- und Bahnlinien streichen und Personal abbauen müssen, was zu längeren Bearbeitungs- und Wartezeiten führt. Ohne Gegenmaßnahmen wird erwartet, dass der Sparzwang in Zukunft weiter steigen wird. Lewe hebt die Bedeutung kommunaler Leistungen für das Verhältnis der Bürger zum Staat hervor und fordert dringend Unterstützung von Bund und Ländern, um die Herausforderungen zu bewältigen.