
Im Fall des sogenannten „Neukölln-Komplexes“ treten zunehmend besorgniserregende Details über rechtsextreme Straftaten ans Licht. Claudia von Gélieu, die 2017 ein Opfer eines rechtsextremen Brandanschlags wurde, beschreibt die erschreckenden Dimensionen der Situation. Ihr Anschlag ist Teil von über 70 rechtsextremen Taten, die in den letzten Jahren in Neukölln verübt wurden. Sie äußert, dass sich niemand sicher fühlen könne, solange es Nazis gebe, und appelliert an alle, sich Protesten gegen die rechtsextreme Gewalt anzuschließen. Der Brandanschlag auf ihr Auto hätte potenziell auch auf ihr Reihenhaus sowie die benachbarten Häuser übergreifen können.
Von Gélieu, die seit ihrer Jugend antifaschistisch aktiv ist und Mitglied der VVN-BdA, organisiert regelmäßig feministische und antifaschistische Stadttouren. Sie ist tief enttäuscht von den Ergebnissen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die möglichen Verstrickungen zwischen Sicherheitsbehörden, Justiz und der rechtsextremen Szene beleuchten soll. Ihrer Meinung nach ist die Bagatellisierung von Angriffen durch die Behörden inakzeptabel, während viele Betroffene jünger versichert wurden, sie litten unter „Verfolgungswahn“.
Die Dimensionen des Neukölln-Komplexes
In den seit 2016 dokumentierten mehr als 70 rechtsextremen Straftaten, darunter 23 Brandstiftungen, zeigt sich ein deutlich aggressives Muster. Der Täterkreis umfasst lokale Neonazis, prominent vertreten durch Sebastian T., einen ehemaligen NPD-Vorsitzenden in Neukölln, der aktiv beim rechtsextremen „III. Weg“ ist. Das Ziel dieser Tätergruppe besteht darin, ein Klima der Angst in ihrem Viertel zu verbreiten. Regelmäßige rechte Parolen und Graffiti sind im Süden Neuköllns alltäglich geworden. Die Opfer dieser Taten sind politisch engagierte Personen sowie Flüchtlinge.
Trotz der Schwere der Vorfälle konnten nur zwei der 23 Brandstiftungen gerichtlich nachgewiesen werden. Ein Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten endete nur mit Anklagen in diesen zwei Fällen. Die Generalstaatsanwaltschaft argumentierte, dass nur wenig belastendes Material gefunden werden konnte. Sebastian T. wurde schließlich wegen weniger schwerer Taten zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 16.000 Euro verurteilt. Ungeklärte Fragen zum Versagen der Sicherheitsbehörden bleiben jedoch weiterhin bestehen, und der Fall des Mordes an Burak Bektaş liegt seit über 10 Jahren ungelöst.
Die unzureichenden Reaktionen der Behörden auf diese Vorfälle und die Unzufriedenheit von Opfern und Unterstützern bezüglich der Urteile zeigen die tiefgreifenden Probleme im Umgang mit rechtsextremer Gewalt auf. Ein weiterer Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses plant die Befragungen nach der Wiederholungswahl, um Licht in die nach wie vor unklaren Verbindungen zwischen Neonazis und Sicherheitsbehörden zu bringen, wie auch [nd-aktuell.de](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190890.rechtsextremismus-in-berlin-neukoelln-komplex-antifas-wissen-mehr-als-der-verfassungsschutz.html) berichtete.
Ein Denkmal für Burak Bektaş, ein weiteres in diesem Kontext stehendes Symbol, wurde mehrfach beschmiert, unter anderem mit Hakenkreuzen und politischen Parolen der AfD, was die Härte der anhaltenden Herausforderungen unterstreicht.