Österreich sieht sich aktuell mit signifikanten strukturellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt konfrontiert. Steigende Kosten, sinkende Arbeitszeiten und der Mangel an erforderlichen Reformen belasten die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. In einem Diskussionsforum des Reformclubs von „Die Presse“ haben Monika Köppl-Turyna von EcoAustria und Joachim Haindl-Grutsch von der Industriellenvereinigung Oberösterreich die dringenden Themen erörtert.
In den letzten 20 Jahren hat das Land einen Anstieg der Teilzeitarbeit sowie einen zunehmenden Fokus auf eine ausgeglichene „Work-Life-Balance“ verzeichnet. Dies hat zur Folge, dass die Jahresarbeitszeit pro Beschäftigtem abnimmt, was wiederum zu einer sinkenden Produktivität führt. Die Lohnstückkosten steigen infolgedessen, da die Gehälter steigen, während die Produktivität abnimmt. Experten weisen darauf hin, dass die Steuerprogression eine Hürde für Mehrarbeit darstellt; bei einer Erhöhung der Arbeitszeit um 50 Prozent steigt das Nettogehalt nur um ein Drittel.
Notwendige Reformen im Pensionswesen
In Österreich liegt das durchschnittliche Pensionsantrittsalter vier Jahre unter dem Durchschnitt der OECD. Eine Anhebung auf 67 Jahre könnte dem Staat jährlich 5 bis 6 Milliarden Euro an Einsparungen ermöglichen. Um diese Einsparungen zu realisieren, müssen Anreize geschaffen werden, damit ältere Arbeitnehmer länger im Arbeitsmarkt verweilen. Zudem werden die hohen Bürokratiekosten, die in Österreich als international einzigartig gelten, als kritisches Hindernis betrachtet.
Ferner führen hohe Transferleistungen zu Fehlanreizen für die Aufnahme von Arbeitsplätzen. Es besteht ein dringender Bedarf an einem effizienteren Staatsapparat sowie an gezielten Reformen, um eine leistungsorientierte Gesellschaft zu fördern. Die Dringlichkeit, Fehlanreize im Sozial- und Transfersystem abzubauen und die Produktivität durch eine Erhöhung der Jahresarbeitszeit zu steigern, ist unbestritten. Das übergeordnete Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu sichern und das Land auf Erfolgskurs zu bringen.
Währenddessen steht auch das deutsche Rentensystem aufgrund des demografischen Wandels unter erheblichem Reformdruck. Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Jahr 2023 zeigt sich, dass trotz großflächiger Besorgnis keine Mehrheit für Reformen der Versicherungssystemmechanismen in der Bevölkerung besteht. In einem faktoriellen Experiment wurden Zusammenhänge zwischen Beitragssatz, Rentenniveau und Rentenalter analysiert, die jedoch die bestehende Reformaversion nicht überwinden konnten, wie [iwkoeln.de](https://www.iwkoeln.de/studien/matthias-diermeier-ruth-maria-schueler-reforming-the-pension-system-in-germany-an-empirical-study-of-reform-aversions.html) berichtete.
Der Status quo erhält große Unterstützung, könnte aber nur durch eine Erhöhung der Steuersubventionen finanziell nachhaltig gestaltet werden, was die Staatskasse stark belasten würde. Während eine Erhöhung der Beitragssätze am wenigsten abgelehnt wird, gelten Rentenkürzungen als die schmerzhafteste Option für die Bevölkerung. Eine Verzögerung des Renteneintritts von einem Jahr wird ähnlich negativ bewertet wie eine Erhöhung des Beitragssatzes um drei Prozentpunkte oder eine Reduzierung des Rentenniveaus um vier Prozent.
Besonders bei den über 50-Jährigen zeigt sich die geringste Akzeptanz für Reformen, während die unter 50-Jährigen, die stärker um ihre Rente besorgt sind, eine deutlich schwächere Ablehnung aller Reformoptionen zeigen. Der Druck auf das Rentensystem bewirkt einen Anstieg der Flexibilität, besonders bei jüngeren Menschen. Es wird empfohlen, die über 50-Jährigen gezielt anzusprechen, um die gesellschaftlichen Folgen des Nicht-Handelns aufzuzeigen, da ein Versäumnis, zu handeln, entweder eine erhöhte Verpflichtung zur betrieblichen und privaten Altersvorsorge erfordert oder, durch die Gewährleistung eines konstanten Rentenniveaus, zu einer enormen Belastung des Staatshaushalts führen könnte.