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Energieexperte Hein: Wo bleibt die Strategie für erneuerbare Zukunft?

Franz Hein, ein 79-jähriger Energieexperte, widmet sich seit Jahrzehnten der Energiewende und hat in der Hauptschaltwarte in Wendlingen gearbeitet. Diese Einrichtung spielt eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung der Stromversorgung in Deutschland und Europa. Hein, promovierter Ingenieur und Mitbegründer des Edna-Bundesverbands Energiemarkt und Kommunikation, hat auch beratend für die Bundesnetzagentur gearbeitet.

Hein betont die Dringlichkeit, die Öffentlichkeit über die Endlichkeit fossiler Energien aufzuklären. Er kritisiert, dass viele Menschen kaum in die Zukunft blicken und sich nicht auf das Abhaushen fossiler Ressourcen vorbereiten. Die Abhängigkeit von einer stabilen Stromversorgung ist laut Hein nicht jedem bewusst. Daher fordert er einen Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien und eine effektivere Energiebevorratung. Vor allem die politische Handhabung der Speicherthematik hält er für problematisch und kritisiert die Erhebung von Stromsteuern auf Speicher. Seiner Ansicht nach sollte jeder Besitzer einer Photovoltaikanlage auch einen Speicher integrieren.

Kritik an der Politik und Visionen für die Energiezukunft

Hein kritisiert zudem gesetzliche Vorschriften, die es Netzbetreibern erlauben, private Photovoltaikanlagen abzuschalten. Für ihn liegt ein großes Problem in der Abgehobenheit der politischen Entscheidungen von der Realität. Seine Idealvorstellung ist, dass jede Person eine eigene PV-Anlage mit Speicher besitzt, um den individuellen Energiebedarf zu decken. Ein vorgeschlagener Energiemanagement-Automat könnte helfen, den Energieverbrauch weiter zu optimieren. Dadurch würde auch die Netzstabilität gefördert, insbesondere durch die Vernetzung der europäischen Stromnetze, ein Konzept, das er als „Energielogistik“ bezeichnet.

Eine aktuelle Analyse von McKinsey & Company, die den Nettostromverbrauch in Deutschland betrachtet, zeigt, dass dieser in den kommenden Jahren langsamer steigen könnte als bisher angenommen. Dies ist unter anderem auf eine schwächelnde Wirtschaftslage sowie den verzögerten Hochlauf von Elektromobilität und Wärmepumpen zurückzuführen. Für 2030 wurde ein Nettostrombedarf von 530 TWh prognostiziert, was unter den aktuellen Annahmen der EEG-Novelle von 670 TWh liegt, aber dennoch über dem Wert von 2022 mit 480 TWh.

Für das Jahr 2035 wird ein Strombedarf von 635 TWh erwartet, ebenfalls unter den Annahmen des Netzentwicklungsplans, der Werte zwischen 774 und 1002 TWh vorsieht. Durch einen bedarfsorientierten Ausbau der Erneuerbaren Energien und des Netzes könnten die Investitionen bis 2035 von 700-850 Mrd. Euro auf 450-550 Mrd. Euro gesenkt werden, was auch den Strompreis von aktuell rund 50 Cent pro kWh auf 36-38 Cent pro kWh reduzieren könnte. Laut McKinsey wächst die Stromnachfrage nur um 1-2% jährlich, während in einem ambitionierteren „Transformationspfad“ eine Nachfrage von 3-4% pro Jahr möglich wäre, jedoch auch hier läge die Nachfrage 2030 mit 615 TWh unter den Annahmen der EEG-Novelle.

Langfristig wird eine höhere Nachfrage vorrangig in Haushalten (Wärmepumpen), Verkehrssektor (E-Mobilität) und Datenzentren erwartet. Der Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten und des Netzes soll stärker am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden. Aktuelle Markttrends belegen ein langsameres Wachstum: 2024 wurden nur 190.000 Wärmepumpen anstelle von 500.000 installiert und es wurden weniger als 400.000 E-Autos zugelassen, statt der angestrebten 1,7 Mio. Außerdem gab es nur 500 MW beschlossene Elektrolysekapazitäten statt der angestrebten 3.000 MW. Der geringere Anstieg der Stromnachfrage könnte erwiesene Einsparungen bei den notwendigen Kapazitätsausbauten der Erneuerbaren von bis zu 40 Prozent bedeuten, vor allem bei Photovoltaik-Anlagen.