
Der Verein Neue Rottweiler Zeitung e.V. feierte jüngst sein 20-jähriges Bestehen in Rottweil. Die Lokalzeitung NRWZ wurde im Jahr 2004 von engagierten Bürger:innen ins Leben gerufen, nachdem die Schwäbische Zeitung ihre Lokalausgaben, den Schwarzwälder Volksfreund und das Schwarzwälder Tagblatt, eingestellt hatte. Diese Schließungen resultierten aus einer „Gebietsbereinigung“ zwischen Verlagen und führten zu einem Monopol in der Medienberichterstattung.
Rottweiler Bürger:innen protestierten gegen diese Schließung mit Demonstrationen und Unterschriftensammlungen, blieben jedoch ohne Erfolg. Im Herbst 2004 wurde der NRWZ-Verlag als GmbH gegründet, und die erste Ausgabe der NRWZ erschien am 27. November 2004 als kostenlose Wochenzeitung, die an Haushalte verteilt wurde. Von Anfang an zeichnete sich die NRWZ durch sorgfältig recherchierte Beiträge aus, die den Bürger:innen als informative Lokalzeitung dienten.
Erfolge und Herausforderungen
Zu den Mitbegründern der NRWZ gehören Andreas Linsenmann und Peter Arnegger. Die Zeitung war bis März 2020 erfolgreich, bis die Corona-Pandemie das Anzeigenaufkommen drastisch reduzierte. Seitdem bietet die NRWZ nur noch eine Online-Präsenz an, die aktuelle Nachrichten und redaktionelle Beiträge zur Verfügung stellt. Andreas Linsenmann bezeichnete die NRWZ als ein „ziemliches Unikat“ im deutschen Lokaljournalismus.
Der Verein bleibt ideeller Träger der NRWZ und betont die Wichtigkeit eines unabhängigen Lokaljournalismus. In einer Rede hob Josef-Otto Freudenreich die Herausforderungen hervor, mit denen der Lokaljournalismus konfrontiert ist, sowie die Notwendigkeit unabhängiger Medien. Er verwies auf die Gefahren, die durch die Schließung von Redaktionen und die Dominanz großer Verlagshäuser entstehen, und stellte die NRWZ als Beispiel für erfolgreichen, bürgerschaftlich getragenen Journalismus heraus. Freudenreich betonte zudem die Rolle des Lokaljournalismus für die Demokratie und die Meinungsbildung der Bürger:innen.
Bedeutung der Lokalmedien
Ein Zusammenhang zwischen dem Stimmenanteil der AfD und dem lokalen Medienangebot wird durch eine Masterarbeit an der Universität Stuttgart untersucht. Diese Hypothese besagt, dass Bürger:innen in Gemeinden ohne Lokalzeitung häufiger für die AfD stimmen. Die Forschung widmet sich den Auswirkungen von Schließungen von Lokalredaktionen, wie sie jüngst auch in Baden-Württemberg beobachtet wurden. Dort erhielt die AfD bei der Landtagswahl 2021 9,7 Prozent der Stimmen, während in einigen Gemeinden wie Börslingen 22,2 Prozent für die AfD stimmten.
Diese Studie ist die erste ihrer Art, die bundeslandweit durchgeführt wird. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass Wähler:innen in Gemeinden ohne Lokalzeitung tatsächlich häufigere Erfolge für die AfD verzeichnen. Der Trend zum Rückgang klassischer Lokalzeitungen ist nicht nur in Deutschland, sondern auch international zu beobachten; in den USA wurden zwischen 2005 und 2020 etwa 25 Prozent aller Lokalzeitungen geschlossen, was rund 1.800 Gemeinden ohne Lokalpresse zur Folge hatte.
In Deutschland variiert die Dichte von Lokalzeitungen erheblich; während Bayern über 50 Lokalzeitungen verfügt, gibt es in Thüringen nur sechs. Der Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger warnt daraufhin, dass bis 2025 etwa 4.400 Gemeinden vom Verlust ihrer Lokalzeitung bedroht sein könnten. In Baden-Württemberg schmolz die Gesamtauflage der Lokalzeitungen zwischen 2001 und 2021 um ein Drittel, wodurch nicht alle Landkreise eigenständig von Lokalzeitungen abgedeckt werden.