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Klimawandel bedroht Bodensee: Weniger Sauerstoff, höhere Temperaturen!

Experten warnen vor den Auswirkungen des Klimawandels auf den Bodensee. Dr. Petra Teiber-Siessegger vom Institut für Seenforschung Langenargen und Heinz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität und -nutzung im Kanton Thurgau, haben die Situation umfassend untersucht. Der Bodensee setzt sich hauptsächlich aus dem Obersee, der fast 90% der Gesamtfläche (536 Quadratkilometer) ausmacht, und dem Untersee zusammen.

Der Hauptzufluss für den Bodensee erfolgt über den Alpenrhein. Neben dem Obersee speist auch Rhein- und Donauwasser den Untersee. Sauerstoff gelangt durch Wind, Flüsse und die Fotosynthese von Algen und Wasserpflanzen in den See. Das Wasser bleibt im Obersee durchschnittlich 4,3 Jahre, während es im Untersee nur etwa einen Monat verweilt. Aufgrund des kleineren Wasservolumens und der größeren Flachwasserzone im Untersee sind die Sauerstoffverhältnisse in der Tiefe betroffen.

Kritische Sauerstoffverhältnisse im Untersee

Im Sommer gibt es eine oberflächliche Wasserströmung vom Obersee in den Untersee, wodurch die Sauerstoffzufuhr verringert wird. Im Rheinsee, einem Teil des Untersees, waren in den letzten 30 Jahren in 15 Metern Wassertiefe Sauerstoffverhältnisse von 4 mg pro Liter ausreichend, wobei Werte unter 4 mg als ungenügend gelten. Besonders trockene Jahre wie 2003 und 2018 führten zu einem besorgniserregenden Rückgang des Sauerstoffgehalts in dieser Tiefe. Zudem nimmt die Zirkulation zwischen Obersee und Untersee ab, was als eine Folge des Klimawandels angesehen wird.

Während für den Obersee derzeit keine akute Gefahr besteht, ist die Zukunft ungewiss. Der Untersee hingegen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft unter Sauerstoffmangel leiden, was die Gewässerqualität gefährdet.

Laut einer anderen Untersuchung informierte Umweltminister Franz Untersteller über klimawandelbedingte Veränderungen im Bodensee, vor allem nach dem heißen Sommer 2018, der mit Niedrigwasser und hohen Temperaturen einherging. Diese Faktoren führten zu einem vermehrten Wachstum von Wasserpflanzen, Algen und Süßwasserquallen. Flachwasserzonen fielen trocken und Sedimentstrukturen wurden sichtbar. Im ersten Halbjahr 2019 normalisierte sich der Wasserstand aufgrund eines schneereichen Winters und damit einhergehender Regenfälle.

Die hohen Temperaturen verringern den vertikalen Stofftransport und den Sauerstoffgehalt im See. Absterbende Algen verbrauchen zusätzlich Sauerstoff, was zu kritischen Werten am Grund des Sees führen kann. Um die Wasserqualität zu erhalten, ist es wichtig, den Nährstoffgehalt, insbesondere Phosphat, auf einem natürlichen Niveau zu halten. Untersteller betonte zudem die Bedeutung des Bodensees als Ökosystem und Trinkwasserspeicher.

Die Planung zur Modernisierung von Kläranlagen sowie der Bau einer vierten Reinigungsstufe zur Spurenstoffelimination sind bereits angestoßen. Eva Bell, Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), wies auf die Auswirkungen von Sauerstoffmangel und Wassertemperatur auf die Fischpopulation hin. Um aktuelle Daten zu sammeln, kam eine Multiparametersonde zum Einsatz, die verschiedene Parameter wie Temperatur, Sauerstoff und Leitfähigkeit ermittelt. Im August 2018 wurde eine Rekordtemperatur von 25,6 °C in der Seemitte gemessen, während 2019 an einer vergleichbaren Stelle die Temperatur 22,8 °C betrug.

Der Klimawandel hat zu höheren Erwärmungstrends in den oberen Wasserschichten des Bodensees geführt. Zwischen 1990 und 2018 lagen die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur im Durchschnitt um 1,3 °C höher als in den drei Jahrzehnten davor. Die KLIWA (Klimaveränderung und Wasserwirtschaft) untersucht weiterhin die Veränderungen des Wasserhaushalts durch den Klimawandel. Das Institut für Seenforschung (ISF) beteiligt sich an zwei Forschungsprojekten zu den klimatischen Auswirkungen und implementiert ein Klimafolgenmonitoring zur Erfassung physikalischer, chemischer und biologischer Parameter, das sowohl den Bodensee als auch weitere Seen in Baden-Württemberg umfasst.