Dortmund

Nonna Anna: Mit 100 Jahren noch im Café – Ein Lebenswerk in Gefahr!

Anna Possi, besser bekannt als Nonna Anna, ist die älteste Cafébar-Besitzerin in Italien. In der «Bar Centrale» in Nebbiuno, die sie seit 1958 betreibt, öffnet sie täglich um 7 Uhr, im Winter bis 19 Uhr und im Sommer bis 21 Uhr. Im November 2023 feierte sie ihren 100. Geburtstag. Trotz ihrer Rente von 590 Euro arbeitet Anna weiter in ihrer Bar und hat seit den 1950er Jahren keinen Urlaub gemacht. Sie verdient wenig, der Caffè kostet 1,20 Euro und der Cappuccino 1,50 Euro, doch sie schätzt die Gesellschaft der Gäste.

In Italien gibt es derzeit 132.000 Cafébars, eine Abnahme um 20.000 in den letzten zehn Jahren. Die Gründe für diesen Rückgang sind lange Arbeitstage, niedrige Löhne, hohe Mieten und steigende Rohstoffpreise. Die Gesellschaft erfährt einen Wandel: Anna bemerkt, dass die Gäste mehr Zeit mit ihren Handys verbringen. Ihre Tochter Cristina hilft gelegentlich in der Bar, während ihr Sohn in Mailand lebt. Zur Zukunft der Bar äußert Anna Besorgnis, da Cristina nicht plant, das Geschäft zu übernehmen.

Jugendarbeitslosigkeit in Italien

Die Situation auf dem italienischen Arbeitsmarkt weist gravierende Probleme auf, die auch die Jugend stark betreffen. In Italien haben viele gut ausgebildete junge Menschen Schwierigkeiten, eine Anstellung zu finden. Im europäischen Vergleich leben Jugendliche in Italien am längsten bei ihren Eltern. Marlen di Nocco, 34 Jahre alt und Ingenieurin, hat in Deutschland bessere Jobchancen, kehrte aber nach Italien zurück. Sie arbeitet für eine NGO in Rom, jedoch nur mit befristeten Verträgen.

Etwa 40% der Arbeitnehmer bis 34 Jahren in Italien besitzen befristete oder saisonale Verträge, während der Rest der Bevölkerung einen Anteil von etwa 13% aufweist. Zudem zeigt sich, dass viele junge Menschen aufgrund der hohen Steuerlast gezwungen sind, auf Schwarzarbeit zurückzugreifen. Der durchschnittliche Bruttojahreslohn der 15- bis 34-Jährigen in Italien liegt bei rund 27.000 Euro, was 12% unter dem EU-Durchschnitt und 23% unter dem deutschen Durchschnitt ist.

Unbefristete und gut bezahlte Verträge sind für die italienische Jugend selten. Oft müssen jüngere Arbeitnehmer ganz unten anfangen, da Dienstjahre entscheidend für Beförderungen sind. Jährlich wandern bis zu 20.000 hochqualifizierte Hochschulabsolventen ins Ausland, eine Zahl, die sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht hat. Besonders im Süden Italiens gibt es zunehmend Schwierigkeiten, Fachkräfte zu finden und zu halten, was die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gefährdet.

Die gesellschaftlichen Strukturen und die häufige Verantwortung von Frauen für Familie und Kinder verschärfen die Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Mangelnde Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Süden führt dazu, dass viele Frauen zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen, was die berufliche Integration erschwert.

Während Marlen die Geselligkeit in Italien schätzt, vermisst sie die berufliche Sicherheit, die sie in Deutschland genossen hat.