
Das Microns-Konsortium hat umfassende Messdaten zur Funktionsweise des Gehirns veröffentlicht, die einen bedeutenden Schritt in der neurowissenschaftlichen Forschung darstellen. Diese Daten, die von der Universität Tübingen und anderen Institutionen gesammelt wurden, umfassen beeindruckende 1,6 Petabyte an Informationen über einen Kubikmillimeter des Maus-Gehirns.
Die gesammelten Daten beinhalten sowohl aktive Prozesse als auch die Struktur der primären visuellen Rinde. Eine genmodifizierte Maus wurde verwendet, deren Neuronen bei Aktivierung aufleuchten, um die Reaktionen des Gehirns auf verschiedene visuelle Reize zu beobachten. Insgesamt repräsentiert die Datenmenge etwa 75.000 Neuronen und deren Interaktionen. Zur Strukturanalyse kam ein Elektronenmikroskop zum Einsatz, das das Gewebe in dünnen Schichten untersuchte. Dabei wurden knapp 28.000 Aufnahmen erstellt, die 200.000 Zellen und 524 Millionen Verknüpfungen zeigen. Die Verarbeitung der Daten erfolgte teilweise mithilfe von Künstlicher Intelligenz und wurde zusätzlich manuell verifiziert.
Fortschritte in der Neurowissenschaft
Parallel zu diesen Entwicklungen arbeitet das Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg an der Analyse des gesamten Gehirns einer Maus. Diese Forschung zielt darauf ab, tiefere Einblicke in die Verknüpfungen der Nervenzellen zu gewinnen, um zentrale Fragen zu Sehen, Hören, Denken und Erinnern zu beantworten.
Die Forschergruppe unter der Leitung von Winfried Denk hat eine spezielle Methode entwickelt, um das Mäusegehirn für die Elektronenmikroskopie aufzubereiten. Die Anwendung der „Block-face“-Elektronenmikroskopie ermöglicht die Untersuchung großer Gewebestücke, was eine präzisere Analyse der Axone der Nervenzellen gewährleistet. Diese Axone sind oft weniger als einen Mikrometer dick und können über große Distanzen im Gehirn verlaufen. Die 2004 von Denk und seinem Team entwickelte Technologie zur „serial block-face“-Rasterelektronenmikroskopie hat das Potenzial der Gewebeanalyse erheblich erweitert.
Aktuelle Studien haben gezeigt, dass es möglich ist, ein Mäusegehirn so vorzubereiten, dass es mit der „block-face“-Mikroskopie analysiert werden kann. Dabei wurde ein aufwändiges Verfahren zur Fixierung und Färbung des Gewebes über mehrere Tage entwickelt. Die Herausforderung bestand darin, die Qualität des Gewebes zu bewahren, um akkurate Daten zu sammeln. Erste Analysen fokussierten sich auf die Axone von 50 Nervenzellen, doch eine Automatisierung der Bildauswertung ist unumgänglich, da das Mäusegehirn etwa 75 Millionen Nervenzellen enthält. Das Endziel dieser Arbeiten ist die Erstellung einer präzisen Karte der neuronalen Verbindungen im Gehirn, um das Verständnis der Gehirnfunktion und der Informationswege im Gehirn zu fördern.