
Die Finanzlage der Kommunen in Deutschland verschlechtert sich dramatisch, wie ein aktuelles Gespräch bei Markus Lanz verdeutlichte. Unter den Teilnehmern befanden sich prominente Kommunalpolitiker, darunter Boris Palmer, der parteilose Oberbürgermeister von Tübingen, Achim Brötel, Präsident des Deutschen Landkreistags, und Jutta Steinruck, parteilose Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen.
In der Diskussion betonte Achim Brötel die verheerende finanzielle Situation der Kommunen und kritisierte die Vielzahl kostenintensiver Aufgabenübertragungen sowie die „Gesetzesvielfalt wie ein Brombeergestrüpp“. Boris Palmer warnte davor, dass die Städte „an die Wand gefahren“ werden. Ein visuell unterstützendes Diagramm verdeutlichte, dass das Haushaltsdefizit der Gemeinden von 6,6 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf alarmierende 24,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 angestiegen ist. Jutta Steinruck führte die „wegbrechenden Steuereinnahmen“ als eine der Hauptursachen für die Finanzprobleme an.
Kritik an den Rahmenbedingungen
Die anhaltenden Probleme werden auch durch steigende Personalkosten aufgrund „überhöhter Tarifabschlüsse im Öffentlichen Dienst“ verschärft. Gleichzeitig stagnieren die Steuereinnahmen oder gehen zurück. Die Kommunen sind zudem mit hohen Kosten für die Flüchtlingsunterbringung, das Bürgergeld sowie das Bundesteilhabegesetz belastet. Palmer äußerte sich speziell kritisch über die Bürokratie, die durch das Bundesteilhabegesetz verursacht wird. Oliver Schmidt-Gutzat, Bürgermeister von Heide, berichtete von langen Genehmigungsverfahren, wie etwa einem fünf Jahre dauernden Neubau einer Kita. Steinruck erwähnte sogar ein Planfeststellungsverfahren für eine Brücke, das ganze 13 Jahre in Anspruch nahm.
Die Politiker skizzierten verschiedene Lösungsansätze zur Verbesserung der finanziellen Lage. Brötel forderte Einschnitte beim Bürgergeld und Elterngeld, während Palmer die Abschaffung der Rente mit 63 und längere Wochenarbeitszeiten vorschlug. Steinruck plädierte für mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung. Darüber hinaus richteten die Kommunalpolitiker Forderungen an die Bundespolitik, darunter die Notwendigkeit von mehr Vertrauen in die Kommunen und der Wunsch nach mehr „Beinfreiheit“ für die kommunale Ebene.
Die prekären Finanzverhältnisse sind nicht neu. Laut einer anderen Quelle verschlechterte sich die finanzielle Lage der Kommunen bis zum Jahr 2022 erheblich, mit einem Defizit von 6,2 Milliarden Euro und einer weiteren Verschlechterung um 8 Milliarden Euro erwartet. Für 2023 wird bereits ein Defizit von 13,2 Milliarden Euro prognostiziert, was eine Verdopplung darstellt. Die Prognose bis 2027 zeigt, dass die Defizite auf einem ähnlichen Niveau bleiben. Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände fordern einen größeren Anteil an Gemeinschaftssteuern.
Die kommunalen Investitionen sind ab 2025 kaum möglich und ein Rückgang wird bereits prognostiziert, während die Kommunen immer weniger in wichtige Bereiche wie Klimaschutz und Verkehrswende investieren können. Aktuell müssen sich die Kommunen mit einem Investitionsrückstand von 186 Milliarden Euro auseinandersetzen, wobei sich die Tendenz weiter verschlechtert. Die strukturelle Unterfinanzierung bleibt ein zentrales Problem, das durch steigende Ausgaben im Sozialbereich, höhere Fallzahlen und neue Rechtsansprüche weiter verstärkt wird. Dabei werden die Kommunen von Bund und Ländern zunehmend als Ausfallbürgen verwendet.
Die besorgniserregenden Fakten wecken die Sorge um zukünftige Defizite und Nothaushalte in Rathäusern und Landratsämtern, was die kommunale Finanzpolitik vor enorme Herausforderungen stellt.