
Rund ein Jahr nach der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland zieht das Innenministerium Rheinland-Pfalz eine gemischte Bilanz. Innenminister Michael Ebling (SPD) berichtete, dass die Anzahl der Cannabis-Verstöße um 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken sei. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr etwa 5.400 Cannabis-Verstöße, was auf das Wegfallen vieler Bagatelldelikte zurückzuführen ist. Durch diesen Rückgang kann die Polizei ihr Personal und ihre Technik gezielter gegen schwere Rauschgiftkriminalität einsetzen.
Ebling betonte zudem die Entlastung für Polizei und Justiz, die sich aus den reduzierten Fallzahlen ergibt. Der Konsum und Anbau von Cannabis ist in Deutschland seit einem Jahr mit Einschränkungen erlaubt. Der Innenminister äußerte jedoch Bedenken bezüglich der zulässigen Besitzmengen von 50 Gramm Cannabisblüten, die bis zu 333 berauschende Konsumeinheiten pro Monat oder 11 Rauschzustände pro Tag ermöglichen könnten.
Herausforderungen des Schwarzmarkts und der Konsumprävalenz
Am 1. April 2024 trat das Konsumcannabisgesetz in Kraft, das den Anbau und Besitz von Cannabis für Erwachsene in begrenzten Mengen erlaubt. Die erlaubten Mengen sind 25 Gramm im Besitz, 50 Gramm zu Hause und bis zu drei Pflanzen zum Eigenanbau. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 4,5 Millionen Cannabis-Konsumenten, was einer Verdopplung in den letzten 15 Jahren entspricht. Der höchste Konsum wird unter jungen Erwachsenen (18-25 Jahre) verzeichnet; 2023 gaben fast 25% dieser Gruppe an, in den letzten 12 Monaten Cannabis konsumiert zu haben.
Der Konsum nimmt auch bei älteren Erwachsenen zu, häufig zur Entspannung oder in medizinischer Hinsicht. Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Evaluation zur Legalisierung in Auftrag gegeben, an der mehrere Universitäten beteiligt sind, mit einer Projektlaufzeit bis 2028. Die erste Bilanz zeigt bisher keine Veränderungen in den Konsumprävalenzen, jedoch wird mittelfristig ein Anstieg des Konsums erwartet. Es wurde festgestellt, dass es keine Zunahme von Verkehrsunfällen durch Cannabiskonsum gab, jedoch stieg die Anzahl der Fahrer unter Drogeneinfluss in Bayern um 27% im Jahr 2024.
In der zweiten Jahreshälfte 2024 wurden über 52 Tonnen medizinisches Cannabis nach Deutschland importiert, während der Gesamtbedarf an Cannabis im Land schätzungsweise etwa 400 Tonnen pro Jahr beträgt. Bislang wurden etwa 150 „Cannabis Social Clubs“ genehmigt, die jeweils nur 500 Mitglieder haben dürfen. Der bürokratische Aufwand für Genehmigungen bleibt jedoch hoch; in Bayern wurde bisher noch kein Cannabis-Club zugelassen. Zudem wurde der Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtert, wobei Telemedizin eine einfachere Rezeptbeschaffung ermöglicht.
Das Gesetz bleibt umstritten: Die Bundesärztekammer und die Gewerkschaft der Polizei fordern die Abschaffung der Teillegalisierung. Auch CDU und CSU wollen das Gesetz abschaffen, während ein Widerstand von der SPD erwartet wird. Modellprojekte für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis in Städten wie Hannover und Frankfurt am Main sind geplant, wobei eine wissenschaftliche Begleitung der Projekte durch Hochschulen vorgesehen ist. Es wurden 15 Pilotprojekte beantragt, jedoch wurden bisher keine Genehmigungen erteilt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland sowohl Erfolge als auch Herausforderungen mit sich bringt, die eine kontinuierliche Evaluierung und Anpassung erfordern.