DeutschlandHamburgRheingau-Taunus-KreisWiesbaden

175 Jahre EVIM: Sozialer Wandel im Zeichen der Menschlichkeit!

Im 19. Jahrhundert reichten Seelsorge und Gebete der kirchlichen Würdenträger nicht mehr aus, um den sozialen Fragen der Zeit zu begegnen. Die Industrialisierung führte in Deutschland zu Massenarmut, hoher Kindersterblichkeit, sozialer Ungleichheit sowie schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, gründete Johann Hinrich Wichern 1848 in Hamburg das erste „Rettungshaus“ für Kinder. In Wiesbaden eröffnete 1853 eine Gruppe von 15 Pfarrern unter Ludwig Eibach eine ähnliche Einrichtung.

Der „Verein für evangelische Kirche im Herzogtum Nassau“ (EVIM), dessen Mitbegründer Eibach war, erweiterte seine Hilfsangebote über die Jahre. 1893 wurde in Biebrich das erste Altenheim, das heutige Katharinenstift, eröffnet. EVIM hat sich seitdem zu einem der bedeutendsten Sozialunternehmen in Hessen entwickelt und gehört zu den Top 100 in Deutschland. Aktuell betreibt der Verein 155 Standorte in Hessen und Rheinland-Pfalz und hat die Mitarbeiterzahl von 1800 im Jahr 2008 auf 3400 erhöht, wobei diese Beschäftigten aus 106 Ländern stammen.

Wachstum und Herausforderungen

Der Umsatz von EVIM stieg in den letzten 17 Jahren von 88 Millionen Euro auf fast 216 Millionen Euro. Zu den Geschäftsfeldern gehören Bildung, Jugendhilfe, Altenhilfe sowie Behindertenhilfe. Eine Umstrukturierung der GmbH wurde durchgeführt, um die Aufgaben sinnvoll zu bündeln. Vorstand Matthias Loyal hat eine Konsolidierungsphase sowie Innovation als zentrale Ziele formuliert, um den aktuellen Herausforderungen, wie dem Fachkräftemangel und der begrenzten Refinanzierbarkeit neuer Angebote, entgegenzuwirken.

Die Zahl der Altenhilfe-Pflegeheimplätze wurde von 1150 auf 950 reduziert, und das freiwillige Engagement in den EVIM-Einrichtungen ist von über 500 auf rund 300 Helfer gesunken. Der Vorstand strebt an, die Zahl der Ehrenamtlichen auf das Niveau vor der Corona-Pandemie zurückzuführen. Zusammen mit 12 Pflegeheimen, einem ambulanten Pflegedienst, drei Tagespflegeeinrichtungen und neun betreuten Wohnanlagen plant EVIM aktuelle Investitionen in zwei Kitas in Wiesbaden, ein inklusives Wohnhaus mit Kita in Hattersheim sowie ein Betreuungs- und Schulangebot in Wehrheim.

Jubiläumsfeier und Gedenkarbeit

Im kommenden Jahr wird EVIM sein Jubiläum unter dem Motto „MitMenschen“ feiern und bietet eine Wanderausstellung sowie Dialogangebote an. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Geschichte des Vereins. Im Jahr 1937 wurden alle von EVIM betreuten Kinder und Jugendlichen in staatliche Einrichtungen verlegt, darunter vier Kinder, die in Hadamar getötet wurden. Aus diesem Grund wird im Oktober ein „Denkort“ eröffnet, um der Gräueltaten im Nationalsozialismus zu gedenken. Eine öffentliche Festveranstaltung für alle Bürger ist für den 1. Juli in Wiesbaden geplant, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete.

Parallelen zur geschichtlichen Reflexion über soziale Berufe werden in dem Artikel „Soziale Berufe im Nationalsozialismus. Zur Notwendigkeit geschichtlicher Reflektivität in der Sozialen Arbeit“ von Ralph-Christian Amthor angedeutet. Der Artikel thematisiert die Rolle sozialer Berufe zwischen 1933 und 1945 und beleuchtet die Notwendigkeit, die Berufsgeschichte differenziert zu betrachten, wie im Fachportal Pädagogik dokumentiert.