Kriminalität und JustizStuttgart

Polizeigewalt in Stuttgart: Wiederholung der Tumulte am 1. Mai droht!

Am 30. April 2025 wurde der Verlust eines Dachlatten-Stiels eines Demonstrationsplakats nach einem Polizeizugriff als unklar gemeldet. Dies geschah im Rahmen laufender Ermittlungen zu einer sogenannten „tumultartigen Lage“, die noch nicht abgeschlossen sind. Trotz der Umkesselung der Demonstrant:innen wurde kein Pfefferspray beschlagnahmt. Die Behauptung, die Polizei sei unvermittelt mit Reizgas attackiert worden, kann nicht durch Beweismittel untermauert werden. Videoaufnahmen zeigen hingegen die Polizei, die Reizgas in alle Himmelsrichtungen einsetzt. Dies wirft Fragen bezüglich einer möglichen Täter-Opfer-Umkehr auf.

Alle Polizeibeamt:innen blieben während der Auseinandersetzung dienstfähig, aber 97 Demonstrant:innen wurden verletzt, einige von ihnen erlitten Knochenbrüche. Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) äußerte, dass Gewalt auf Demonstrationen Konsequenzen haben müsse. Er bezeichnete die Demonstrant:innen als „offensichtlich auf Krawall eingestellte“. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte den Einsatz von mit Nägeln gepickten Latten. Zudem ist die Polizei in Stuttgart in der Vergangenheit für ungenaue Informationen bei Demonstrationen bekannt. Dies zeigt sich beispielsweise am „Schwarzen Donnerstag“ am 30. September 2010, an dem 400 friedliche Demonstrant:innen verletzt wurden.

Vergangenheit neu bewertet

Der „Schwarze Donnerstag“ wurde nicht nur durch verletzte Demonstranten geprägt, sondern führte auch zur Klärung der rechtlichen Grundlagen für Polizeieinsätze. Das Stuttgarter Verwaltungsgericht entschied, dass der Protest gegen die Baumrodungen im Schlossgarten eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung war. An diesem Tag wurden mehr als 100 Menschen durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas verletzt. Innenminister Reinhold Gall (SPD) akzeptierte die Gerichtsentscheidung und bedauerte das „unverhältnismäßige Einschreiten der Polizei“. Er stellte hohe Hürden für das polizeiliche Vorgehen gegen Versammlungen fest, nach denen die Beamten nicht das gesamte Versammlungsgeschehen mit Wasserwerfern und Schlagstöcken auflösen dürfen.

Zusätzlich sind die Ermittlungen zur Rolle des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) und des Polizeieinsatzes von zwei Untersuchungsausschüssen betroffen. Unter den Demonstrationsteilnehmern, die gegen die Polizeigewalt klagen, ist auch Dietrich Wagner, der heute nahezu erblindet ist, nachdem er 2010 von Wasserwerfer-Druckstößen am Kopf getroffen wurde. Er fordert eine Entschädigung von 100.000 Euro und beschreibt den Tag als „gut für die Demokratie“. Wagner äußert die Hoffnung auf eine „ehrliche Entschuldigung des Landes beim Volk“. Die Debatte um die Polizeigewalt bei Demonstrationen in Stuttgart bleibt somit ein kontroverses Thema, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Ereignisse am 1. Mai 2025 und mögliche Wiederholungen der Vorjahresereignisse.