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Die Geburtenrate in Deutschland hat einen neuen Tiefstand erreicht und fiel von 1,57 Kindern pro Frau im Jahr 2021 auf rund 1,36 Kinder im Jahr 2023. Dieser Wert entspricht dem Niveau der frühen 2000er-Jahre. In Bayern wurden im selben Jahr nur 116.500 lebend geborene Kinder registriert, was einen Negativrekord für das Bundesland in den letzten zehn Jahren darstellt. Der Rückgang der Geburten in Bayern beträgt 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, ohne dass es in den sieben Regierungsbezirken zu einer Geburtenzunahme kam. Der geringste Rückgang wurde in Schwaben mit -4,6 Prozent verzeichnet, während Niederbayern den größten Rückgang von -8,2 Prozent aufweist.
Einzelne Landkreise und kreisfreie Städte konnten jedoch Zuwächse verzeichnen, darunter Kaufbeuren mit 3,3 Prozent und der Landkreis Garmisch-Partenkirchen mit 3 Prozent. Der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Löw stellte Fragen zu den Ursachen des Rückgangs, während das Gesundheitsministerium auf das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) verwies, das vier zentrale Ursachen identifiziert hat: den Ukraine-Krieg, die Inflation, den Klimawandel und die Pandemie. Martin Bujard vom BiB betont, dass der Kinderwunsch in Krisenzeiten häufig nicht umgesetzt wird. Außerdem wurde festgestellt, dass zu Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 die Impfstoffe für Schwangere nicht zugelassen waren.
Ursachen und politische Reaktionen
Bislang blieb ein Nachholeffekt bei den Geburten aus. Um die Geburtenrate zu steigern und die Schrumpfung Deutschlands zu verhindern, müsste eine Frau im Durchschnitt 2,1 Kinder bekommen, wie das Niveau von 1970 zeigt. Angesichts der aktuellen Situation wird ein Vorschlag zur Anpassung des Elterngeldes an die Inflation diskutiert, da der Höchstbetrag von 1.800 Euro seit 2007 nicht erhöht wurde, was einem Wertverlust von 38 Prozent entspricht. Das Sozialministerium versucht, Familien durch verschiedene familienpolitische Maßnahmen zu unterstützen, zu denen das Kinderstartgeld gehört, welches seit 2023 auf 3000 Euro halbiert wurde.
Eine Analyse der demografischen Entwicklungen legt nahe, dass die Geburtenrate in Deutschland unter dem Bestandserhaltungsniveau liegt. Es gibt zahlreiche Faktoren, die das Fertilitätsverhalten beeinflussen, darunter finanzielle Aspekte, die Erwerbstätigkeit von Frauen, Gleichstellung, Familienpolitik und Einstellungen zu Verhütungsmitteln. Studien zeigen, dass der Kinderwunsch häufig auf einen späteren Zeitpunkt im Leben verschoben wird, was durch ein steigendes Erstgeburtsalter gekoppelt ist. Das Erstgeburtsalter in Deutschland ist von 24 Jahren im Jahr 1970 auf 30,2 Jahre im Jahr 2020 gestiegen. Zudem variiert das Geburtenverhalten zwischen Migrantinnen stark, was ebenfalls die Geburtenrate beeinflusst.
Familienpolitische Maßnahmen wie das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung werden als wichtige Instrumente gesehen, um die Geburtenrate zu steigern. Langfristige Effekte dieser Maßnahmen sind jedoch erkennbar – und zwar zeitverzögert. Die Herausforderungen, die sich aus der aktuellen Geburtenentwicklung ergeben, werden nicht nur von der Politik, sondern auch von der Gesellschaft als bedeutend wahrgenommen, wie die Berichterstattung von Bayerischer Staatszeitung und die Analysen der Bundeszentrale für politische Bildung belegen.