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Grundsteuerchaos in Hessen: 280.000 Einsprüche gegen neue Bescheide!

Die Grundsteuerreform in Hessen, die zu Beginn des Jahres in Kraft trat, sorgt für erhebliche Aufregung unter den Bürgern. Viele Kommunen haben bereits ihre neuen Bescheide verschickt, doch die neuen Sätze werden von zahlreichen Bürgern als überzogen empfunden. Ein Beispiel ist Erich Jöckel, ein 70-jähriger Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Mühlheim, der anstelle von vorher etwa 490 Euro nun jährlich rund 1.520 Euro an Grundsteuer zahlen soll. Jöckel hat im Jahr 2022 Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid des Finanzamts Offenbach eingelegt, da er den Bodenrichtwert als zu hoch empfindet. Das Finanzamt bestätigte den Eingang seines Einspruchs, reagierte jedoch bislang nicht weiter.

Insgesamt wurden in Hessen nahezu 280.000 Einsprüche gegen die Grundsteuerbescheide eingelegt. Von mehr als 2,7 Millionen verschickten Bescheiden haben etwa 10 Prozent von den Bürgern angefochten werden. Rund 100.000 dieser Einsprüche wurden bereits bearbeitet, die Erfolgsaussichten sind jedoch ungewiss. Younes Frank Ehrhardt, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus und Grund, empfiehlt, Einsprüche nur in bestimmten Fällen einzulegen. Jöckel hat zusätzlich bei der Stadt Mühlheim Einspruch eingelegt, erhielt jedoch nur die Aufforderung, sich an das Finanzamt zu wenden.

Steigende Hebesätze und neue Regelungen

Der Bund der Steuerzahler Hessen hat festgestellt, dass 60 Prozent der hessischen Kommunen ihre Hebesätze über die Empfehlungen des Landes hinaus angehoben haben. Der höchste Hebesatz liegt in Heusenstamm bei 1.327 Punkten, während in Löhnberg eine Erhöhung um 131 % die größte wurde. Auch Heusenstamm selbst verzeichnete hunderte Anrufe und nahezu 70 schriftliche Widersprüche von besorgten Bürgern. In Lindenfels wurde der Hebesatz um mehr als 380 auf 990 Punkte angehoben, was eine zusätzliche Einnahme von 1,9 Millionen Euro an Grundsteuer zur Folge hat. Haus und Grund fordert von der Landesregierung, eine Grundsteuerbremse und Härtefallregelungen einzuführen. Jöckel hat die erhöhte Grundsteuer bereits überwiesen und plant, die Kosten über die Nebenkosten an die Mieter weiterzugeben.

Die Reform hat auch grundlegende Änderungen in der Berechnung der Grundsteuer mit sich gebracht. Das Finanzamt hat bestimmte Daten, wie den Bodenrichtwert, automatisch beigesteuert. Dieser wird von Gutachterausschüssen ermittelt und berücksichtigt die Zone des Grundstücks. Abweichungen des Grundstücks zum Bodenrichtwert werden allerdings nicht beachtet. Die neue Berechnung erfolgt auf Basis eines Flächen-Faktor-Verfahrens, das verkehrswertunabhängig ist. Die Grundsteuer soll nach diesem Modell einen Ausgleich für die Nutzung kommunaler Infrastruktur schaffen.

Die Veränderungen im System führen zu einer Reihe von Abweichungen zwischen den alten Einheitswerten und den neuen Grundsteuermessbeträgen, die sowohl nach oben als auch nach unten schwanken können. Größere Grundstücke und Gebäude müssen demnach höhere Steuern zahlen, auch wenn sie in Lage und Nutzung vergleichbar zu kleineren Objekten sind. Als Indikator für die Lage des Grundstücks im Verhältnis zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde dient der Bodenrichtwert, der kostenlos im Portal Boris Hessen abgerufen werden kann, wie auf finanzamt.hessen.de angegeben.

Weitere Informationen zur Grundsteuerreform und den entsprechenden Bescheiden sind ebenfalls auf der Webseite von hessenschau.de zu finden.