Borken

Paula Kösters’ Merkbuch: Ein Blick in die Kriegszeit der Landwirtschaft

Im Jahr 1944 verbrachte die damals 18-jährige Paula Kösters ein prägendes Jahr auf einem Bauernhof in Legden, wie die Münsterland Zeitung berichtete. Ihre Erlebnisse dokumentierte sie in einem Merkbuch, das im DIN A5 Format und in weißem Leinen gebunden ist. Der Umschlag trägt in roten Buchstaben den Titel „Mein Merkbuch“. In ihrem Heft beschreibt sie über 50 Seiten lang ihre Eindrücke und Erfahrungen als hauswirtschaftliche Auszubildende während der Jahre 1944 bis 1945.

Während ihres zweiten Lehrjahres auf dem Hof Schulze Beikel in der Bauerschaft Beikelort, wo sie von Elisabeth Schulze Beikel ausgebildet wurde, notierte Kösters regelmäßig wichtige Haushaltstipps und Lerninhalte. In ihrem Merkbuch finden sich 40 ausführliche Berichte, die nicht nur das Leben auf dem Hof, sondern auch die Widrigkeiten des Krieges dokumentieren, darunter den Mangel an Lebensmitteln. Trotz der schwierigen Umstände lobt sie die Verwaltung von Haus und Hof und vermittelt mit ihren detaillierten Beschreibungen der Arbeitsabläufe ein lebendiges Bild der damaligen Zeit. Besonders hervorzuheben sind die Kapitel zur Wäschepflege und zum Schlachten eines Schweins, in denen sie wertvolle Tipps zur Fleckentfernung, zum Obst- und Gemüseanbau sowie Rezepte festhielt.

Einblick in die Nachkriegszeit

Die Herausforderungen der Ernährungssituation nach dem Zweiten Weltkrieg sind seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema, wie auf regionalgeschichte.net ausgeführt wird. In den 1940er und 1950er Jahren wurden medizinische und agrarwissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die die Ernährungslage und die landwirtschaftliche Produktivität behandelten. Studien zeigten, dass die Ernährungskrise in Deutschland insbesondere durch einen Rückgang der landwirtschaftlichen Produktivität sowie den Zusammenbruch der Infrastruktur verschärft wurde.

Nach dem Krieg war die Versorgung der Bevölkerung, unter anderem in Rheinland-Pfalz, katastrophal. Die Menschen litten unter unzureichenden Rationen, die für Erwachsene lediglich 40 bis 50 Prozent des Kalorienbedarfs und für Jugendliche gerade einmal 30 bis 40 Prozent abdeckten. Die soziale Notlage führte zudem zu Hungerkriminalität und verstärkten sozialen Spannungen. Erst ab 1948 verbesserte sich die Ernährungssituation allmählich, was maßgeblich auf den Marshallplan und die Währungsreform zurückzuführen war.

Annelie Sierp, die Tochter von Paula Kösters, erinnerte sich an die Erzählungen ihrer Mutter über die mühsame Arbeit auf dem Feld. Um die siebenköpfige Familie ausreichend mit Gemüse zu versorgen, hatte die Familie Sierp ein Stück Feld gepachtet. Paulas Merkbuch wurde am 15. März 1945 mit der Note „gut“ bewertet. Heute wird der Hof Schulze Beikel von Elisabeth Schulze Beikels Enkel geführt.