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Die Organisation Weisser Ring hat ihre Jahresbilanz für 2024 veröffentlicht und verzeichnet deutliche Anstiege in der Fallzahlen und Betreuungen. In Herne wurden im Jahr 2023 insgesamt rund 170 Betreuungen dokumentiert, was einem leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im Jahr 2022 waren die Zahlen hingegen leicht rückläufig. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt, die sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt haben. Über 30 Betroffene suchten 2023 aufgrund häuslicher Gewalt Hilfe beim Weissen Ring in Herne. Opfer von Sexualdelikten machten nahezu 30 Prozent der Gesamtfälle aus. Die Organisation finanziert sich nahezu vollständig durch Mitgliedsbeiträge und Spenden, wobei betroffene Personen unter anderem durch die Polizei oder die Opfernummer auf die Hilfsangebote aufmerksam gemacht werden.
Ähnliche Entwicklungen sind auch in der Koblenzer Außenstelle des Weißen Rings zu verzeichnen. Hier bearbeitete die Außenstelle 2024 insgesamt 91 Fälle, was ebenfalls einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Diese Zunahme wird als alarmierend bezeichnet. Rund ein Drittel der Fälle in 2024 betrifft Opfer von Sexualdelikten wie Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und sexuelle Nötigung. Werner Blatt, der Leiter der Koblenzer Außenstelle, führt den Anstieg zum Teil auf eine höhere Anzeigenbereitschaft der Betroffenen zurück. Besonders auffällig ist, dass Opfer von häuslicher Gewalt zunehmend selbstbewusster auftreten und eher Hilfe suchen. Es kommt häufig vor, dass die angezeigten Taten Jahre zurückliegen. Die Koblenzer Außenstelle, die eine von 27 in Rheinland-Pfalz ist, bietet Opferschutz und maßgeschneiderte Hilfe, die sowohl Beratung als auch finanzielle Unterstützung umfasst.
Anstieg der Gewalt und gesellschaftliche Entwicklungen
Der Leiter Blatt äußert sich besorgt über die allgemeine Zunahme von Gewalt, die seiner Meinung nach in der Gesellschaft zu beobachten ist. In seinem Kommentar beschreibt er, dass die Gesellschaft rufer geworden sei und beobachtet, dass auch bei nichtigen Anlässen extreme Gewalt vorkomme. Er sieht einen Zusammenhang zwischen der Gewalt in Medien, wie in Filmen, Serien und Videospielen, und den Übergriffen. Blatt kritisiert zudem, dass viele junge Menschen Inhalte konsumieren, von denen ihre Eltern nichts wüssten. In einem anderen Kontext berichtete ein Gericht in Avignon kürzlich von der Verurteilung von 51 Männern wegen Vergewaltigung einer Frau. Der Weisse Ring hofft, dass dieses Urteil zu einem Umdenken in Deutschland führt.
Bei den betreuten Opfern in der Koblenzer Außenstelle handelt es sich überwiegend um Frauen: Im vergangenen Jahr wurden 68 Frauen und 23 Männer unterstützt. Die meisten dieser Opfer besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, während einige einen Migrationshintergrund haben.
https://www.radioherne.de/artikel/mehr-arbeit-fuer-weissen-ring-2221724.html
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/weisser-ring-koblenz-bilanz-2024-mehr-faelle-betreut-100.html