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Razzien in Neukölln: Polizei somiert Clankriminalität – nur 0,2%!

Clankriminalität in Berlin wird oft mit schwerwiegenden Delikten wie Drogendeals, Entführungen und Morden assoziiert. Um dem Phänomen entgegenzuwirken, führt die Polizei regelmäßig Razzien in Neukölln durch. Diese Maßnahmen stehen jedoch in der Kritik. Der Experte Mohamed Amjahid kritisiert die Razzien als ineffektiv und bezeichnet sie als „Kanonen auf Spatzen“, nachdem er über ein Jahrzehnt zu Rassismus in Sicherheitsbehörden geforscht hat. Er betont, dass der Diskurs über Clankriminalität stark von Politikern und Medien angeheizt werde.

Die Berliner Polizei weist darauf hin, dass der Anteil der Clankriminalität an Gesamtstraftaten in den Jahren 2022 und 2023 nur etwa 0,2 Prozent betrug. In dieser Zeit wurden fast 1100 Objekte durchsucht, darunter Spätis und Shisha-Bars. Dabei wurden hauptsächlich unversteuerte Zigaretten, etwa 18.100 Stück, sichergestellt. Neben diesen waren auch unversteuerte E-Zigaretten und eine Schreckschusswaffe Teil der Beschlagnahmungen. Während 2022 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz die häufigsten Anzeigen darstellten, wurden 2023 Verkehrsstraftaten am häufigsten angegeben.

Kritik und Verteidigung der Polizei

Amjahid äußert zudem, dass bei den Razzien wohlhabendere Stadtteile unberücksichtigt bleiben. Im Gegensatz dazu verteidigt Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei Berlin die Polizeimaßnahmen als effektiven Ansatz zur Bekämpfung der Clankriminalität. Jendro hebt hervor, dass die Probleme nicht über Nacht entstanden seien, sondern durch jahrzehntelange Versäumnisse des Rechtsstaates. Die Polizei strebt an, das öffentliche Vertrauen in den Staat zu stärken und gleichzeitig gegen kriminelle Strukturen vorzugehen.

Des Weiteren beschränkt sich die Clankriminalität, die nur 0,2 Prozent der erfassten Taten in Berlin ausmacht, auf eine niedrige dreistellige Anzahl an Tatverdächtigen, wie die Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (Linke) hin mitteilte. In einer Datei, die 7.208 Personen unter dem Titel „Gruppierungen aus dem arabischen Sprachraum“ listet, werden auch Menschen erfasst, die nicht als Akteure der Clankriminalität gelten. Diese Datensammlung wird von Schrader als diskriminierend kritisiert, da sie eine Zuordnung zu Großfamilien ermöglicht und es keinen transparenten Prozess zur Löschung freigesprochener Verdächtiger gibt. Berlins Datenschutzbeauftragte Meike Kamp sieht jedoch zunächst kein grundlegendes Problem mit den Einträgen.

Die Debatte um die Wirksamkeit und Angemessenheit der Razzien bleibt somit weiterhin umstritten, während die Polizei und Fachleute unterschiedliche Auffassungen vertreten.