
Forschende der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben kürzlich den neu entdeckten Wirkstoff Disorazol Z1 synthetisch nachgebaut. Dieser stark zytotoxische Wirkstoff hat das Potenzial, die Teilung von Zellen zu verhindern und sogar Zellen zu zerstören. Zuvor wurde Disorazol Z1 nur von dem Bodenbakterium Sorangium cellulosum produziert, welches in organischen Abfällen wie Ziegenmist vorkommt. Die chemische Synthese ermöglicht es, den Wirkstoff gezielt für medizinische Anwendungen zu modifizieren, auch wenn bisher im Labor nur sehr geringe Mengen von lediglich zwei Milligramm hergestellt wurden, um Sicherheitsrisiken zu minimieren.
Disorazol Z1 muss jedoch erheblich modifiziert werden, bevor er an spezifische Tumorzellen binden und dort seine Wirkung entfalten kann. Die Entwicklung wird von Experten als vielversprechend, jedoch noch nicht als medizinische Sensation angesehen, wie die Apotheken Umschau berichtete. Es fehlt bislang an veröffentlichten Studien, die die Methodik und Ergebnisse der Magdeburger Forschenden detailliert dokumentieren.
Testphasen und Herausforderungen
Bevor Disorazol Z1 als Therapie eingesetzt werden kann, sind umfangreiche Tests erforderlich. Dazu zählen Laborversuche an Krebs- und gesunden Zellen, Tierversuche sowie klinische Studien zur Verträglichkeit. Der gesamte Prozess kann bis zu zehn Jahre oder länger in Anspruch nehmen. Aktuell ist Disorazol Z1 in seiner jetzigen Form nicht therapiegeeignet, da er extrem toxisch ist und das Wachstum aller Zellen, einschließlich gesunder Zellen, schädigt. Um Disorazol Z1 als Krebsmittel einsetzen zu können, müsste die toxische Wirkung maskiert werden, bis das Molekül an Tumorzellen haftet und dort wirkt, ähnlich wie bereits genutzte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), die in der Krebstherapie Verwendung finden, wie [Riffreporter](https://www.riffreporter.de/de/wissen/disorazol-z1-bodenbakterium-krebsforschung-naturstoffsynthese-schinzer) darlegte.
Die aggressive Wirkung von Disorazol Z1 auf ADC-Medikamente lässt sich momentan noch nicht abschätzen. Dr. Jens Hoffmann von der Deutschen Krebsgesellschaft weist darauf hin, dass die starken Nebenwirkungen eine erhebliche Hürde bei der Entwicklung von Disorazol Z1 als Medikament darstellen. Damit die Arznei sicher und effektiv genutzt werden kann, sind weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit und zu den Nebenwirkungen notwendig. Es wird geschätzt, dass es bis zur Marktreife von Disorazol Z1 als Krebsmedikament mindestens ein weiteres Jahrzehnt dauern könnte.