
In Torgau sind derzeit zwei Frauen, Paula, eine Holzbildhauerin, und Orion, eine Zimmerin, auf der Walz, einer traditionellen Wanderschaft für Gesellen. Beide tragen schwarze Kleidung, die ihre Berufe symbolisiert, und sind von Leipzig nach Torgau unterwegs, bevor sie am selben Tag weiter in Richtung Osten reisen. Die Walz, die mindestens drei Jahre und einen Tag dauert, ermöglicht es Handwerkern, Erfahrungen in verschiedenen Betrieben zu sammeln und sich persönlich sowie beruflich weiterzuentwickeln.
Paula ist bereits seit über einem Jahr unterwegs, während Orion seit drei Monaten auf der Walz ist. Ihre minimalistische Ausstattung umfasst eine Isomatte, Wechselkleidung, eine Zahnbürste und eine Trinkflasche. Während ihrer Reise kommen sie ohne finanzielle Mittel für Transport oder Unterkunft aus, sind stattdessen auf die Gastfreundschaft anderer Menschen angewiesen. Übernachten tun sie in Turnhallen, Pfarr- und Vereinsheimen oder privat. Ein herausragendes Merkmal dieser Wanderschaft ist das Verbot von Smartphones: Kommunikation erfolgt entweder durch Briefe oder das Ausleihen von Handys.
Herausforderungen und Klischees
Die beiden Frauen berichten von sexistischen Kommentaren und Schwierigkeiten, da sie sich in einem von Männern dominierten Berufsfeld bewegen. Sie betonen jedoch die Bedeutung, dass Frauen ebenfalls auf Wanderschaft gehen und sich nicht von gesellschaftlichen Klischees abhalten lassen sollten. Die Erfahrungen, die sie auf der Walz sammeln, erweitern nicht nur ihren Horizont, sondern vermitteln auch verschiedene Weltansichten, die sie auf ihrem weiteren Lebensweg begleiten.
Diese Erfahrungen sind nicht einzigartig. Wie Deutschlandfunk berichtete, hat auch Johanna Röh, eine Tischlermeisterin aus Osnabrück, vier Jahre lang auf der Walz verbracht. Sie reiste durch Europa, Nordamerika, Neuseeland und Japan und verwendete zur Ausstattung einen selbstgebauten Holzrucksack. Röh erlebte, dass es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Vorurteile über Frauen im Handwerk gibt, was ihre Motivation verstärkte, für mehr Offenheit zu plädieren.