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Modernisierung des Justizvollzugs: Sachsen-Anhalt hebt Gefangenenvergütung an

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Justizvollzugsrechts beschlossen. Dieser Gesetzentwurf stammt vom Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Die finale Entscheidung über den Gesetzentwurf liegt beim Landtag von Sachsen-Anhalt.

Ministerin Franziska Weidinger betont die Modernisierung des Justizvollzugs und die Stärkung der Arbeit hinter Gittern. Die Erwerbstätigkeit wird als ein zentrales Element der Resozialisierung von Gefangenen hervorgehoben. Der Gesetzentwurf soll Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen, insbesondere bezüglich der Gefangenenarbeit und deren Vergütung.

Wichtige Änderungen im Gesetzentwurf

Die Regelungen zur Gefangenenarbeit und Vergütung werden konkretisiert und in das Justizvollzugsgesetzbuch aufgenommen. Die allgemeine Arbeitspflicht wird in eine individuelle Arbeitspflicht geändert, um den Behandlungsbedarf zu berücksichtigen. Ziel ist es, Gefangenen die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Lebensführung zu vermitteln.

Die Vergütung für Gefangenenarbeit wird angehoben. So steigt die Eckvergütung von 9 auf 15 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Für Untergebrachte in der Sicherungsverwahrung wird die Vergütung von 16 auf 22 Prozent angehoben. Ein Gefangener kann künftig bis zu 421 Euro im Monat verdienen. Der Stundenlohn für Tätigkeiten mit durchschnittlichen Anforderungen steigt von 2,02 Euro auf 3,37 Euro im Jahr 2025.

Darüber hinaus können Gefangene bis zu acht Freistellungstage pro Jahr erarbeiten, die auch zur Verkürzung der Haftzeit genutzt werden können. Es wird eine Möglichkeit eines (teilweisen) Erlasses von Verfahrenskosten durch Beschäftigung eingeführt. Je fünf Prozent der Verfahrenskosten können pro sechs Monate zusammenhängender Arbeitszeit erarbeitet und erlassen werden. Zudem ermöglicht das „Day-by-Day“-Modell tageweise Leistung freier Arbeit zur Reduzierung von Ersatzfreiheitsstrafen.

Der Gesetzentwurf sieht auch Maßnahmen zur Verhinderung des Einbringens, Besitzes und Konsums neuer psychoaktiver Stoffe (npS) vor. Technische Detektionsmaßnahmen sollen das Einbringen von npS in Justizvollzugseinrichtungen unterbinden. Eingehende Schriftstücke, die mutmaßlich mit npS getränkt sind, sollen durch Fotokopien ersetzt werden. Eingehende Schreiben von Verteidigern an Gefangene sollen mit gesondertem Begleitschreiben an die Justizvollzugsanstalt gerichtet werden.

In Zusammenhang mit der Vergütung von Gefangenenarbeit in Deutschland ist auch eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu erwähnen. In einem Urteil vom 20. Juni 2023 stellte das Gericht fest, dass die aktuellen Vergütungsregelungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen mit dem Resozialisierungsgebot des Grundgesetzes unvereinbar sind, da sie seit 2001 nicht erhöht wurden und somit die Anforderungen der Resozialisierung nicht erfüllen. Die betreffenden Vorschriften müssen bis zum 30. Juni 2025 überarbeitet werden, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, wie das Bundesverfassungsgericht berichtete.